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letzte Änderung am 18.04.2010
Ostern 2010 meldeten die Nachrichtenagenturen, dass Bundeswehrsoldaten an ihrem Kontrollposten verbündete afghanische Soldaten einer Patroullie abgeschossen hätten. Zur Entschuldigung hieß es, die Afghanen hätten einfach nicht angehalten und deswegen wäre pflichtgemäß scharf geschossen worden. Kommentare zu dieser Meldung unterstellten den Afghanen schlechte Ausbildung, den Deutschen einen losen Finger am Abzug und der ganzen Situation eine ordentliche Portion menschliches Versagen, welches sich normalerweise kaum wiederholden dürfte. Doch trifft das den Nagel schon auf den Kopf? Fehlt da nicht ein wenig Zusatzinformation und eine ganz andere Lehre aus der Angelegenheit?
Ich bin selbst schon an viele mich überraschende Sperren herangefahren und wusste bis zu einem Zeitpunkt, der für Umkehr oder Gegenwehr viel zu spät gewesen wäre, oft nicht, ob da nun echte Soldaten oder private Wegelagerer auf mich warten. Da muss man erst einmal abwarten, wie man nach dem Anhalten behandelt wird. Hat man erst einmal vor den auf einen gerichteten Gewehrmündungen angehalten, dann befindet man sich zunächst in einer deutlich ungünstigeren strategischen Lage wie in der Minute, als der Kontrollposten am Horizont auftauchte. Hier angekommen am Schlagbaum, hat man sich in der Regel schon mit seiner ausweglosen Lage oder der fehlenden Alternative in Route oder Zeitplan oder Wendemöglichkeit abgefunden. Nicht immer wartet am Posten übrigens die Macht, die man zunächst dort erwartet. Haben sich Gebietsgrenzen verschoben? Wurden neue Bündnisse begonnen oder alte beendet? War die vom Posten getragene Uniform gerade das preiswerteste Modell auf dem freien Markt der Region? Oder nutzte da jemand absichtlich die Dienste eines gut sortierten Kostümverleihs für Nebeneinkünfte? Möglich ist in Krisengebieten fast alles. Manchmal habe ich meinen geländegängigen blauen Bus nach kurzer Beratung mit den Mitfahrenden im Kaukasus lieber über Acker oder Wiese um quer über die Straße liegende Baumstämme herum gefahren, statt nachzuforschen, wer da wohl im Gebüsch eingeschlafen war.
Die meisten Kontrollposten auf dieser Welt rufen uns Deutschen übrigens nicht in unserer Muttersprache entgegen, wenn wir uns ihnen nähern. Selbst wenn man die lokal übliche Sprache theoretisch versteht, muss die Kommunikation visuell oder akustisch nicht immer fehlerfrei funktionieren. Doch auch nach Meistern dieser Hürde gibt es noch genug Sorgen. Oft musste ich für braves Halten bei modernen Raubrittern bezahlen und hatte dabei einfach mehr Glück oder Beutegut oder Verhandlungsgeschick als andere. Weiterfahren jedoch hat auch seine Nachteile, weil die meisten Posten (auch die der Mafia) dann erst einmal sauer reagieren. Ich bin sogar einmal mitten in der Nacht von einer Streife der ukrainischen Grenzposten auf der Straße nach Kiew verfolgt und gestellt worden, weil sich ein Vorgesetzter am Grenzposten bei der Geschenkeverteilung für die Ausfertigung meines Visums übergangen gefühlt hat.
Ich will auch noch einmal auf das Überraschungsmoment einer unerwarteten Straßensperre eingehen. So ein deutsches Fähnchen und ein paar farblich passende Kleidungsstücke sind auch in Afghanistan nicht so schwer zu beschaffen. Außerdem ähneln sich Uniformen und Kontrollposten in bestimmten Gegenden sowieso viel zu sehr. In dürren Gegenden mag man eher sandfarbene Kleidung, während man in Waldgegenden mehr dunkle Flecken trägt. Das betrifft dann aber dummerweise alle in der Gegend operierenden NATO-Truppen, Rebellen und privat motivierte Wegelagerer. Schlagbaum, Sandsäcke, Baumstämme, staubige Militärfahrzeuge unter Tarnnetzen mit lieblos daran befestigter Natur-Dekoration und eine mehr oder weniger große Zahl von jungen Männern, die keiner sinnvollen Beschäftigung nachgehen - das ist eigentlich typisch für so gut wie jeden Kontrollposten auf der Welt. Was hier wohl an Bruttosozialprodukt verschleudert wird, selbst wenn nichts weiter passiert? Ihr bürgerliches oder militärisches Sicherheitsgefühl wird sich durch so manchen Kontrollposten kein Stückchen anheben! Ausnahmen bilden lediglich einige ihnen genau bekannte Posten.
Wenn ein junger Mensch an einen Kontrollposten gestellt wird, dann wird ihm zur Steigerung seiner Wachsamkeit gewöhnlich ans Herz gelegt, sich weder von verdächtigen noch von scheinheilig unverdächtigen Objekten ums liebe Leben bringen zu lassen und zur eigenen Sicherheit ganz streng die Dienstvorschriften anzuwenden. Da bei Nacht alle Katzen grau sind und gerade in unsicheren Gegenden die Kontrollposten beliebte Mittel der Reviermarkierung sind, kann man sich lebhaft vorstellen, in welchem Gemütszustand ein junger Mensch nun seine Dienstwaffe in den Händen hält, wenn sich ihm ein Fahrzeug nähert. Die globale Nach-vorne-Verteidigung ganzer Staaten (Präventivkrieg) wird im persönlichen Einzelfall ganz schnell zum Entschluss, zuerst zu schießen und danach zu schauen, wen man da getroffen hat. Mit ein wenig Fingerspitzengefühl kann man aus jungen Pazifisten so schnell geübte Serienkiller und manipulierbar schuldbeladene Systemdiener machen. Ein wenig Rückendeckung eines Offiziers bei der Untersuchung eines unschönen Vorkommnisses am Posten kann persönliche Überzeugungen extrem beeinflussen. Fehlende Rückendeckung übrigens auch. Das wissen natürlich die Vorgesetzten. Vielleicht sogar der eine oder andere Politiker.
Schon als Kind haben uns die eigenen Eltern und Großeltern gewarnt, dem ersten Eindruck zu vertrauen. Oder wozu wurde uns das Märchen von den sieben Geißlein und dem Wolf, der sich die Stimme kreiden und die Pfote mit Mehl weißen lässt, erzählt? Hier wurde sozusagen ein Kontrollposten im Märchenland unter Anwendung einer Kriegslist überrumpelt und fast komplett vernichtet. Die hinterhergeschobene legendäre Gefangenenbefreiung wirkt reichlich unglaubwürdig und soll vermutlich auch nicht den beabsichtigten Lerneffekt des Märchens aushebeln.
Was in den wilden 90er Jahren des 20. Jahrhunderts in Russland üblich war, wird auch langsam hier in Deutschland und anderen EU-Staaten Mode: Falsche Polizisten kassieren Autofahrer ab. Berichte aus Österreich, Deutschland und aus dem Juraforum im Internet sollen als Belege ausreichen für tatsächlich vorkommende Unsicherheit bei Kontrollen in unserer schönen friedlichen Heimat. Und in Kriegsgebieten wird das alles noch ein wenig unübersichtlicher - und gefährlicher!
Das mobile Gegenstück zu stationären Wegelagerern sind die Patroullien. Der Posten soll die Bewegung feindlicher Streifen eingrenzen, während die Militärstreifen blitzartig feindliche Kontrollposten beseitigen oder wenigstens deren genaue Position und Bewaffnung an zuständige Stellen weiterzumelden haben. Patroullien bewegen sich in kleinen flinken Fahrzeugen und sind ebenso wie die Kontrollposten daran interessiert, anderen Leuten in den Kofferraum zu schauen, Papiere zu überprüfen, Entscheidungen über Leben und Tod zu treffen. Nun ergibt es sich fast zwangsläufig, dass sich schnelle Fahrzeuge in der Regel an feste Pisten halten und daher auf die ausgerechnet dort lauernden Kontrollposten stoßen. Deswegen sind die Patroullienfahrzeuge der Bundeswehr auch gern ein wenig besser gepanzert. Und deswegen haben Bundeswehr-Kontrollposten auch panzerbrechende Waffen sowie mindestens ein schnelles Verfolgungsfahrzeug zur Verfügung. Für feindliche Kräfte darf man ähnliche Überlegungen bei der Ausrüstung von Posten und Streifen unterstellen. Posten und Streifen können also durchaus ernstzunehmende Gegner sein.
Hier ergibt sich beim Aufeinandertreffen bewaffneter Angreifer und Verteidiger also regelmäßig die Frage, ob man am Schlagbaum und im Fahrzeug einander freundlich oder feindlich gesonnen ist. Dummerweise ist hier auf den ersten Eindruck wenig Verlass. Zudem steht das Leben jedes einzelnen Team-Mitglieds auf dem Spiel. Und man hat wenig Zeit, seine ganz persönliche Entscheidung zu treffen. Besonders im Krieg darf dem Gegner auch schon mal die eine oder andere Kriegslist unterstellt werden, nicht wahr? Mit etwas Glück spricht ein deutsch aussehender Bundeswehrsoldat auch fließend deutsch. Das gilt für Kontrollposten ebenso wie für Einheiten, die gerade mobil unterwegs sind. Wer sich Ihnen nähert, das wissen Sie erst dann ganz genau, sobald Sie darüber aus zuverlässiger Quelle informiert werden oder Sie den persönlichen Nahkontakt herstellen. Letztere Möglichkeit beinhaltet leider einige mögliche Komplikationen. Posten fürchten heranfahrende lebende Bomben und maskierte feindliche Patroullien. Patroullien fürchten Sprengminen und maskierte feindliche Posten als Schlagbaumfalle.
Patroullien sind also ebenfalls eine ausgezeichnete Möglichkeit, junge Menschen in eine gezielte Hysterie zu versetzen, in der sie endlich lernen, von der Schusswaffe gegen Frauen und Kinder, unbekannte Verkehrsobjekte und andere sich potentiell gefährlich bewegende Dinge Gebrauch zu machen. Bis bewaffnete Einheiten in Todesangst untereinander klären, wer wen kontrollieren darf, kann schon längst Blut fließen. Aus Sicht der zu Ostern 2010 gefallenen afghanischen Soldaten wäre es sogar konsequent gewesen, im Zweifelsfall als offizielle Staatsmacht im Kampfeinsatz sofort das Feuer auf eine ihnen unbekannte Straßensperre zu eröffnen. Vielleicht hatten sie genau das in Notwehr vor. Ob das allein schon die Schüsse der Bundeswehr auf eigene Verbündete rechtfertigt? So eine Situation kann einem als Kontrollposten oder Fahrer eines Autos selbst mitten im Frieden irgendwo im wilden Osten passieren - und erst recht im noch größeren Chaos eines echten Krieges.
Ich meine, dass sowohl Posten als auch Patroullien kreuzgefährlich füreinander und für die von ihnen betreute Zivilbevölkerung sind. Unfälle lassen sich nur mit extrem guter Sorgfalt vermeiden. Mit den heute aus den Schulen in die Bundeswehr gelangenden Nachwuchshelden - den Verlierern mehrerer Pisastudien und Opfern eines zusammembrechenden Bildungssystems - wird jedoch ein unbeherrschbares Lotteriespiel daraus. In der Luft kollidierende befreundete Kampfhubschrauber, aufeinander schießende NATO-Einheiten und sich verirrende Patroullien sind nur die logische Konsequenz von schlampiger Planung im Stab und naiv-übermütigen statt nützlichen Idioten im Fußvolk. Das kann nur in die Hosen gehen - persönlich wie für die Sache selbst! Vermutlich ist der Krieg da hinten am Hindukush längst verloren worden. man will es nur noch nicht wahr haben. Oder man nutzt die Umstände für die elegante Entlastung des heimischen Arbeitsmarktes, indem man überflüssige Bestände an jungen Männern fern der Heimat entsorgt und so inneren Unruhen in Deutschland im Fall staatlichen Zusammenbruchs das Personal nimmt.
Peter Spangenberg