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Ohne die viele und fleißige Vorarbeit anderer Menschen wäre dieses Werk nie entstanden. Ich werde daher versuchen, bei jeder Idee den entsprechenden Ideengeber (nicht unbedingt auch den "Urheber") zu nennen, soweit ich mich noch erinnere.
Ideen entstehen eben nie in einem "luftleeren Raum".
Deswegen darf diesen Essay auch jeder verbreiten, kopieren, verlinken, zitieren, in ein Frame packen oder auf Papier ausdrucken und verkaufen (viel Glück dabei, übrigens). Ich möchte nur bitten (das ist eine Bitte, keine Forderung), meinen Namen dabei zu nennen.
Es geht in diesem Essay um die Fragen des "geistigen Eigentums", um das Kopieren von Musik (z. B. über Napster) und die Diskussion, die sich darum rankt. Ich werde zeigen, dass das freie Kopieren von Musik ein wirklicher, realer Fortschritt ist, und dass die Gegner des Kopierens eigentlich nur fortschrittsfeindlich sind, und dass ihre Argumente Scheinargumente sind.
Wenn die Begriffe sich verwirren, ist die Welt in Unordnung.
(Konfuzius)
Die Begriffe der Menschen von den Dingen sind meistens nur ihre Urteile über die Dinge.
(Christian Friedrich Hebbel)
Begriffe sind Tastversuche des Geistes.
(Otto Michel)
Der Begriff ist die Wahrheit der Substanz.
(Georg Wilhelm Friedrich Hegel)
Bevor wir miteinander reden, müssen wir uns erst über die Bedeutung der verwendeten Begriffe klar werden. Sonst, in der Tat, geraten die Dinge in Unordnung.
Um einen der häufig gebrauchten Begriffe wieder "in Ordnung" zu bringen, versuche ich an dieser Stelle, ihn zu definieren. Andere haben dies auch versucht, häufig vergeblich. Beispiel (aus der Encarta 2001 von Microsoft, kursiv von mir, aber die Copyright-Notiz wurde tatsächlich beim Ausschneiden des Absatzes vom Encarta-Programm angehängt):
Fortschritt, allgemein jede von einem niederen auf einen höheren Zustand gerichtete Entwicklung, bedingt durch einen zielgerichteten, in der Regel gradlinigen, zu einem großen Teil unumkehrbaren Prozess.
"Fortschritt." Microsoft® Encarta® Enzyklopädie 2001. © 1993-2000 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.
Was ist "niedriger" Zustand, was ist ein "höherer" Zustand? Und warum überrascht es mich nicht, dass ein Microsoft-Produkt eine so schlechte Antwort auf genau diese Frage hervorbringt?
Wichtig ist doch nur, dass sich Microsoft alle Rechte an diesem schwammigen Prozess vorbehält. Aber Spaß beiseite. Diese Definition ist so unbefriedigend, weil so allgemein gehalten wurde, dass sie alles (und damit nichts) erklärt. Wir wissen jetzt soviel wie vorher.
Uns interessiert aber eher menschlicher, sozialer oder technischer Fortschritt, nicht, dass sich "irgendetwas irgendwohin" bewegt.
Versuchen wir es doch mal anders, nämlich so:
Fortschritt ist ein Prozess, bei dem eine knappe Ressource entweder in besserer Qualität und/oder einer größeren Gruppe von Menschen (als Quantität) zur Verfügung steht.
Angenommen, jemand erfindet ein Mittel gegen Krebs. Dies würde sicher als ein ganz, ganz großer Fortschritt empfunden werden. Gesundheit ist nun mal eine "knappe" Ressource (besonders, wenn man älter wird), und wenn mehr Menschen mehr Lebenszeit zur Verfügung steht, so werden nur wenige dies als Rückschritt verstehen.
Angenommen, jemand erfindet ein Mittel, das die Qualität des Wassers verbessert. Ist das ein Fortschritt oder ein Rückschritt?
Angenommen, jemand verringert den Schadstoffausstoß der Autos. Wird das Mehr an frischer Luft als Fortschritt oder als Rückschritt angesehen?
Und selbst bei einem sehr umstrittenen Thema, wenn die Militärindustrie eine neue Waffe entwickelt, die noch mehr Menschen in noch kürzerer Zeit töten kann, dann werden die Militärs dies als "Fortschritt" feiern. Da dies aber effektiv die Lebenszeit von Menschen verringern kann, erlaube ich mir, hier anderer Meinung zu sein. Manchmal sind "Quantität" und "Qualität" Dinge, die einander ausschließen. Dann handelt es sich um eine Frage des Abwägens.
Umstritten wird Fortschritt immer dann, wenn genau dies passiert. Ist ein Auto, welches schneller fahren kann, aber mehr Schadstoffe produziert, ein Fortschritt oder ein Rückschritt?
Man kann die Beispiele beliebig vermehren. Und man kann sich endlos darüber streiten, ob ein Mehr an Quantität ein Weniger an Qualität kompensieren kann (oder andersrum). Trotzdem denke ich, dass man nur sehr schwer Beispiele finden kann, wo Fortschritt nichts mit der Vermehrung oder Verbesserung von Ressourcen zu tun hat.
Ein Beispiel, welches meiner Definition zu widersprechen scheint:
Nachdem die Spanier (durch Ausplünderung der Südamerikaner) mehr Gold in ihr Land brachten, ruinierte dies die spanische Wirtschaft durch Inflation. Die Spanier hingegen waren der Auffassung, dieses Mehr an Gold bedeutete auch ein Mehr an Reichtum.
Nun, Reichtum selbst ist keine Ressource. Deswegen ist es auch kein Fortschritt, wenn man lediglich das Geld vermehrt. Mag sein, dass der Einzelne dann mehr an Geld hat, er wird sich trotzdem nicht mehr an Gütern kaufen können.
Trotz allem Streit, trotz der Unklarheit der Begriffe: Jeder wird ein mehr an Fortschritt auch gutheißen, nicht wahr?
Nein, leider falsch. Denn hier spielen auch Gruppenegoismen eine große Rolle. Mag sein, dass das Automobil von vielen als Fortschritt gefeiert wurde (mehr Mobilität für mehr Menschen), für die Hersteller von Kutscherpeitschen war dies ein herber Rückschlag, der einigen Familien die Existenzgrundlage entzog.
Fortschritt ist nicht immer willkommen. Manchmal wird Fortschritt sogar bekämpft. Und manchmal gibt es sogar große Erfolge im Kampf gegen den Fortschritt. Manchmal gilt der Ausdruck "Fortschrittsgläubiger" geradezu als Schimpfwort.
Dies bringt mich zu einem Gebiet, auf dem gerade der Kampf tobt ...
Vor der Erfindung der Schallplatte war es mühsam, Musik zu hören: Man musste sich zu einem Konzert begeben und dort meistens Eintritt bezahlen. Wollte man die Musik nochmal hören, so musste man sich wieder hinbegeben. Dies kostete sowohl Zeit als auch Geld.
Mit anderen Worten: Musik war ein knappes Gut. Nicht jeder konnte es sich leisten, Musik zu hören.
Dann wurde die Schallplatte erfunden. Plötzlich konnten sich wohlhabende Leute einen Fonographen leisten, Schallplatten kaufen, und zu jeder Tageszeit Musik hören (nachts war das ein bisschen schwieriger). Wer wollte daran zweifeln, dass dies ein Fortschritt war?
Dann wurden Schallplatten ein Massengeschäft. Durch die Verbilligung der Reproduktion konnten es sich immer mehr Leute leisten, Musik zu hören. Das war doch unzweifelhaft ein Fortschritt oder?
Und noch eine andere Gruppe von Menschen profitierte ungeheuer davon. Früher waren Musiker arme Hunde, die kein Geld hatten, sondern nur ein Instrument spielen konnten. Musik galt als "brotlose Kunst". Und jetzt, plötzlich, über Nacht, ohne eigenes Zutun, konnte man Musik einmal aufnehmen, aber tausendmal (und mehr) abspielen.
Musiker konnten plötzlich etwas, was vorher nur Schriftsteller konnten. Einmal produzieren, tausendmal abkassieren. Kein Autohersteller konnte dies, kein Arbeiter, kein Dienstleister. Es war ihnen besser ergangen als den darstellenden Künstlern, denn in der Kunst brachte nur das Original etwas ein, Kopien waren selbst für bedeutende Künstler keine große Einnahmequelle.
Aber in der Musik war die Kopie (fast) so gut wie das Original. Oh welch freudiger Umstand! Und diesen wusste auch eine wachsende Industrie gewinnbringend auszunutzen. Denn es gibt bei uns ja genügend Leute, die sich nur mit einer wichtigen Frage beschäftigen - nämlich:
Aber dies ist eigentlich ein anderes Problem ... wiewohl mit unserem verquickt.
In der Folge dessen wurde Musik ein Massenereignis, Konzerte relativ unbedeutend, eine ganze Industrie unglaublich reich, und einige Künstler schafften es, ebenfalls sehr, sehr, sehr reich zu werden. Und die Dire Straits veröffentlichten ihre Platte "Money for Nothing". Und genau so war es.
Aber nun brachte der Fortschritt, der so gewaltig war, ein neues Problem hervor. Eine als äußerst unangenehm empfundene Eigenschaft des Fortschritts nämlich ist, dass er ab und zu die Dinge umwälzt, sie ändert. Und jede Änderung birgt neue Gefahren.
Der Fortschritt in der Industrie reduzierte nämlich die Reproduktionskosten für Musik immer mehr. Zunächst ist dies kein Problem: Man kann einfach mehr kassieren, wenn man die Preise nicht mit derselben Geschwindigkeit senkt, wie die Produktionskosten fallen. Außerdem begriff die Musikindustrie rasend schnell, dass sie zwar ein Massenprodukt herstellte, zugleich aber auch ein Monopolprodukt: Künstler nämlich haben einen Vertrag mit nur einer Firma. Ergo kann ich die Platten des Künstlers auch nur dort kaufen. Wer also Künstler X mag, hat keine Auswahl beim Kauf seiner Platte. Dies hieß: Man konnte die Preise hoch halten, auch wenn die Kosten sanken.
Dies ließ sich sogar noch besser machen, wenn man auf ein neues Medium wechselte, welches mehr Qualität bot (die CD). Dieses barg aber ein gemeines Problem in sich: Digitale Kopien leiden nicht unter einem Qualitätsverlust. Dieses Problem wurde aber erst mehr als 20 Jahre nach Einführung der CD akut, und so wurde es zunächst ignoriert. Dies beginnt sich zu rächen ...
Wenn man jemandem ein Privileg gibt, und es irgendwann wieder wegnimmt, so wird es Protest geben, das ist sicher.
Bislang hatte die Musikindustrie und die angeschlossenen Künstler das Privileg, ein Monopol zu halten zusammen mit den dafür notwendigen Produktionsmitteln. Aber die Kostensenkung nahm ihnen - fast über Nacht - das Monopol an Produktionsmitteln. Plötzlich hatten viele einen CD-Brenner. Und plötzlich fielen die Preise für CD-Rohlinge. Noch schlimmer: Jemand erfand ein Kompressionsverfahren, mit dem sich Musik über Internet verteilen ließ. Damit sanken die Reproduktionskosten sogar ziemlich nahe an die Nulllinie heran (nicht in Deutschland, da sei die Telekom vor) ...
... und das Ganze wurde sogar noch als Fortschritt gefeiert! Mehr Musik, in gleicher Qualität, für geringere Kosten (= weniger Einsatz von Ressourcen). Aus einem knappen Gut (Musik) wurde plötzlich und unerwarteterweise ein vielfältig und billig reproduzierbares Gut. Und dies alles passierte in nur 10 Jahren, also viel zu schnell für die überraschte Musikindustrie und ihre Künstler.
Das Privileg (= Besitz an Produktionsmitteln) war dahin. Aus einem knappen Gut wurde ein Überflussgut. Und wenn aus Knappheit Überfluss wird, dann handelt es sich um Fortschritt.
Und diesen musste man mit allen Mitteln verhindern.
Es wäre ja noch schöner, wenn plötzlich niemand mehr Kutscherpeitschen ... äh ... die Musikindustrie zur Reproduktion von Musik bräuchte.
Das Privileg des "einmal produzieren, tausendmal abkassieren" durfte nicht verloren gehen! Hatte eine Industrie dieses Problem schon einmal gelöst?
Ja. Eine solche Industrie gab es. Sie war sogar schuld an dem Schlamassel! Die Softwareindustrie hatte dasselbe Privileg für sich entdeckt: Man konnte ein Programm einmal produzieren, aber man konnte tausendmal abkassieren. Und dieselbe Industrie litt unter dem Problem der Reduktion der Produktionskosten. Aber diese Industrie war deutlich einfallsreicher. Sie hatte etwas ganz Neues erfunden (nicht wirklich: Sie hatten es wiederentdeckt). Dies nannte sich "geistiges Eigentum". Man konnte es zwar nicht stehlen, aber erbeuten, folglich hießen die Diebe dieses Eigentums auch nicht Diebe, sondern "Piraten".
Nun ist, juristisch gesehen, Diebstahl genau definiert:
Diebstahl ist das Entwenden einer fremden, beweglichen Sache.
Anders gesagt: Wenn ich Musik stehle (also unrechtmäßig kopiere), dann hat der Hersteller nicht mehr alle CDs im Schrank. Aber trotzdem kann man - als erste Maßnahme - schon mal das Kopieren mit dem Stehlen gleichsetzen, vor allem moralisch.
Und die Debatten und Dispute der vergangenen Jahre im Internet zeigt mir, dass unglaublich viele (sogar intelligente) Leute, durch diese Diskussion geistig so verwirrt wurden, dass sie tatsächlich glauben, kopieren und stehlen sei (irgendwie) dasselbe. Denn Eigentum kann man stehlen. Deswegen kann man auch geistiges Eigentum stehlen, nicht wahr?
Oh Herr, schmeiß Hirn vom Himmel!
Man möchte fast glauben, dass das eigentliche Verbrechen darin besteht, dass den Leuten das Gehirn gestohlen wurde. Ist nicht Gehirndiebstahl auch die eigentliche kriminelle Tat, um die es hier geht?
Kann man an dieser Stelle etwas anderes schreiben als Satire? Ehrlich gesagt: Meine bescheidenen Fähigkeiten erlauben es nicht. Für derartige Vorgänge hat man den Ausdruck "Realsatire" erfunden.
Aber zurück zum Thema. Für UNIX-Fans kann man das ganze Thema in einem Satz abhandeln:
cp != mv
Kopieren (copy, cp) ist etwas anderes als etwas verschieben (move, mv).
Für alle anderen wird es etwas schwieriger. Also, wenn ich Dir Deine Uhr wegnehme, dann weißt Du nicht mehr, wie spät es ist. Die Uhr hat die Eigenschaft, dass sie nur genau eine Person zurzeit tragen kann.
Deswegen: Wenn ich Dir diese Sache (Uhr) entwende, dann bestehle ich Dich. Daran besteht kein Zweifel. Uhren sind knappe Ressourcen, manchmal sogar teuer, und nach diesem Diebstahl bist Du zu recht sauer auf mich und rufst nach Polizei und Staatsanwalt. Und wenn man mich erwischt, dann bestraft man mich. Mit Recht.
Angenommen nun, ich besuche Dich und wir hören Musik. Ich finde diese gut, also setzen wir uns hin und kopieren die CD auf einen von mir mitgebrachten CD-Rohling. Nun kann ich die Musik zu Hause auch hören.
Habe ich Dich bestohlen? Nein. Denn sieh mal nach: Du hast noch alle CDs im Schrank. Du kannst die Musik immer noch hören, sogar zur selben Zeit wie ich. Ist Dir dadurch irgendein Schaden entstanden? Wohl kaum. Übrigens: legal in rechtlichem Sinne war diese Kopieraktion auch.
Warum eigentlich? Aufgrund folgender Überlegung: wir sind eine eigentümliche Gesellschaft, d. h. unsere Wirtschaft basiert darauf, dass ich Eigentum an einer Sache erwerben kann. Wichtig ist: Sache bezeichnet ein materielles Ding. Für alle Dinge, die wir erwerben können, gibt es einen Erschöpfungsgrundsatz: Eigentum erwerbe ich entweder vollkommen oder überhaupt nicht. Sobald jemand das Eigentum an einer Sache aufgibt (z. B. durch Verkauf) verliert er jedes, aber auch wirklich jedes Recht an dieser Sache.
D. h. wenn ich eine Flasche Cola kaufe, dann besitze ich sie. Und mit dem Erwerb darf ich machen, was ich will, eingeschränkt nur durch Gesetze (ich darf sie niemandem über den Schädel hauen, weil ich sonst dessen Recht auf körperliche Unversehrtheit tangiere). Aber ich darf sie z. B. analysieren und dann eine ähnliche Cola auf den Markt bringen. Keiner außer dem Gesetzgeber kann mir vorschreiben, was ich mit der Cola tun oder lassen kann. Denn der ursprüngliche Eigentümer (Hersteller) hat alle, aber auch wirklich alle Rechte daran aufgegeben.
Von dieser Regel (dem Erschöpfungsgrundsatz) gibt es Ausnahmen. Konsistent ist dieses Recht nicht. Eine der Ausnahmen sind Bücher. Ich darf z. B. das Buch nicht kopieren und weiterveräußern - warum darf ich das bei der Cola, aber nicht bei dem Buch? Weil der Gesetzgeber dem Schriftsteller ein Privileg zugestanden hat: das Urheberrecht. Dies ist eine ziemlich willkürliche Ausnahme vom Erschöpfungsgrundsatz. D. h. ich bezahle zwar für das Buch, aber ich erwerbe ein äußerst eingeschränktes Eigentumsrecht. Um dies zu kompensieren, darf ich das Buch für private Zwecke oder zum Zweck der Lehre kopieren. Und absichtsvoll wurde der Begriff "private Zwecke" nicht exakt definiert. Sobald ich aber für die Kopie Geld nehme, wird angenommen, dass ich dieses Recht missbrauche.
Dies bedeutet: Wenn ich eine CD kopiere, die ich gekauft habe, und ich schenke Dir die Kopie, weil Du mein Freund bist, so ist dies legal. Wenn ich sie Dir verkaufe, so ist dies illegal. Wenn Du der Musikindustrie zuhörst, so begehst Du schon eine Straftat, wenn Du Deine CD auf Kassette kopierst, um sie auch im Auto hören zu können. Jedenfalls möchte sie gerne, dass Du das glaubst. In Wahrheit bin ich jetzt legaler Besitzer der Musik. Wenn also ein Freund bei mir vorbeikommt, und die Musik hört ... dann kann das Spiel von Neuem beginnen.
Ja, aber ... der Musiker ... der verkauft doch jetzt genau eine CD weniger (nämlich an mich). Dadurch entgehen dem doch die 18,-- EUR, die so eine CD inzwischen kostet?
Nun, abgesehen davon, dass von diesen 18,-- EUR der Künstler höchstens 1/2-1 EUR abbekommt, bleibt die Frage nach dem materiellen Schaden, der durch meine Kopieraktion entstanden ist. Wie hoch ist dieser denn?
Schwer zu sagen. Wahrscheinlich ist doch, dass ich diese Musik nie gekauft hätte. Ich habe ein festes Budget für CDs, meistens kaufe ich ca. zwei Stück pro Monat (und ärgere mich jedesmal über den Preis, aber das ist ein anderes Thema). Vermutlich hätte ich seine CD nicht gekauft. In diesem Fall beträgt sein Schaden exakt 0,-- EUR. Demgegenüber steht aber sein schier unglaubliches, märchenhaftes Privileg: Er hat diese CD einmal mit (zugegeben: viel Mühe) produziert und mit jedem Verkauf klingelt bei ihm die Kasse. Ich selbst habe dieses Privileg nicht: Ich muss für jede Mark tatsächlich mich anstrengen. Mein Einkommen wächst linear mit der Anstrengung. 18,-- EUR für eine CD kosten mich einen Teil meines Lebens.
Warum bekommt nur der Musiker bei seiner Arbeit diese Chance, aber ich nicht? Bin ich ein Mensch zweiter Klasse, mit weniger Rechten? Warum ist meine Tätigkeit als Berater nicht mit diesen Privilegien versehen worden? Ist ein Musiker für die Gesellschaft mehr wert als ich mit meiner Tätigkeit? Ist Musik so lebensnotwendig und unverzichtbar, ist die Ausübung so schwer und mühevoll, als dass man daraus einen Anspruch auf besondere Privilegien ableiten kann? Warum muss ich mehr arbeiten, wenn ich mehr Geld verdienen will?
Bei dem Musiker sind aber Anstrengung und Einkommen zwei voneinander völlig entkoppelte Ereignisse. Wenn ich einen Lottoschein ausfülle, so steht die Anstrengung auch in keinem Verhältnis zu der Millionen Mark, die ich gewinnen kann. Das ist eine Frage des Glücks. Habe ich einen Anspruch auf dieses Glück?
Naürlich nicht. Was für eine dumme Frage.
Hat der Musiker einen Anspruch auf das Glück, dass seine Arbeit von seinem Einkommen entkoppelt wurde wie bei einem Lottomillionär?
Natürlich... was denn nun?
Das Glück, das bislang Musiker hatten, ist ein Privileg, das ihnen gegeben wurde (durch Umstände verursacht, für die kaum ein Musiker je auch nur einen Finger krumm gemacht hat). Der Anspruch, dieses Privileg auch in alle Zukunft zu behalten, hat er nicht.
Wir protestieren doch schon, wenn der Staat den Kumpels im Revier eine Garantie für ihren Lebensunterhalt gibt. Bloß weil Kohle mal wichtig war: es gibt doch keinen Grund, darauf eine Garantie aufzubauen, das man auch in 100 Jahren davon noch leben kann, oder?
Dasselbe gilt für die Musiker. Nur weil sie das Glück hatten, in einer Zeit geboren zu werden, in dem die Reproduktionskosten für Musik hoch waren: daraus kann man keinen Anspruch für alle Ewigkeiten ableiten.
Ehrlich gesagt: wenn ich sehe, dass jemand seine Privilegien auf meine Kosten erlangt hat und versucht, sie auch auf meine Kosten zu halten, dann werde ich ein bisschen sauer.
(Die Zeiten sind vorbei, Dummerchen!)
In Zukunft werden die Musiker wieder leben, wie ihre Vorfahren vor über 100 Jahren: sie werden Konzerte geben, die von zahlenden Fans besucht werden, und damit ihr Geld verdienen wie jeder gewöhnliche Sterbliche auch: durch Arbeit.
Ihre Musik wird als Werbung für ihre Konzerte vetrieben, aber dadurch wird keiner reich. Und eine Plattenindustrie wird es auch nicht mehr geben. Niemand steht mehr zwischen dem Musiker und seinen Fans.
(Das ist Fortschritt, mein Kleiner!)
Neil Armstrong sagte (zur Landung auf dem Mond):
Und ich sage (zu der Revolution in der Musikindustrie):
"Ein großer Fortschritt für die Musikhörer, aber ein kleiner Rückschritt für die Musiker" und ich nenne es Fortschritt, denn für die Mehrheit der Menschen ist es einer. Für eine (bislang) privilegierte Minderheit vielleicht nicht. Der Fortschritt hat's gegeben, der Fortschritt hat's genommen.
Wir haben kein Recht auf glückliche Zufälle, auch dann nicht, wenn wir zufällig Musiker sind.
(So ist das Leben!)
Ob die Musik dadurch besser oder schlechter wird? Wer weiß? Vielleicht gibt es weniger Musiker, die von Geldgier getrieben werden, und mehr, die durch den Spaß an der Musik motiviert werden, dann wird es weniger Musik geben, die qualitativ besser ist. Aber es kann auch anders kommen. Da ist jede Vermutung so gut oder schlecht wie die übernächste.
Immerhin ist in den vergangenen 100 Jahren soviel an Musik produziert worden: das reicht für Jahrhunderte. Selbst wenn alle Musiker also beleidigt aufhören.
Aber das ist nun wirklich unwahrscheinlich, eher etwas für die Märchenstunde.
Leider steckt in der Encarta-Definition noch ein Fehler: Fortschritt ist nicht unumkehrbar. Fortschritt kann verhindert werden, und Fortschritt kann zurückgenommen werden. Wenn wir uns nicht wehren.
Dieser Text ist noch nicht vollständig ist (es fehlen die Links). Ansonsten entspricht dieser Text meiner eigenen Meinung, ein Luxus, den ich mir ab und zu leiste. Ihr wisst doch:
Steigerung des Luxus: eigenes Auto, eigene Villa, eigene Meinung.
(Wieslaw Brudzinski)
Quelle: http://www.dittmar-online.net/ip/index.html
NOCOPY - Ein Videofilm kommentiert die lächerlichen Versuche der Multimediabranche, sich technisch überholte und moralisch nicht mehr akzeptierte Privilegien sichern zu wollen.