Diskussion über Selbstverlag, Werbeformen und Rechte am Manuskript


Eingerückte Passagen sind die von uns geschriebenen Antworten und Kommentare zu dieser netten Zuschrift.

Sehr geehrter Herr Spangenberg!

Erlauben Sie mir, ein paar Sätze zu sagen, als Reaktion auf den Inhalt Ihrer Internetseiten und Ihres Angebotstextes.

Es ist leider mühsam und zeitraubend sich durch den umfangreichen Wortschatz Ihres Internetauftrittes zu kämpfen, um die notwendigen Fakten herauszufiltern, die ich für meine Entscheidung bei einer Auftragsvergabe brauche. Es war nicht alles zu finden. Ich wünschte mir (–und das nicht nur bei Ihrem Verlag!) eine tabellenartige Auflistung der Verlagsleistungen, Buchausstattungsvarianten, verwendeten Datenformate, Preisstaffelungen einschl. MWS, Provisions- und Honorarsätze bis hin zur Ladenpreisermittlung. – Kurz und bündig. Das wäre Kundendienst nach meinem Geschmack. Leider ist jedes Firmenangebot anders aufgebaut und oft sehr lückenhaft und wage formuliert. Ich frage mich, ob das Absicht ist, oder Gedankenlosigkeit?

Immerhin ist mir beim Lesen des Disputes über Autorenrechte und Barsortimenter klar geworden, weshalb es mir und wahrscheinlich auch anderen nicht professionellen Autoren auf einige Rahmenbedingungen besonders ankommt.

Zum Ersten die Formulierung "Alle Rechte liegen beim Autor": Diese Aussage dämpft Verlustängste.

Wenn der Verlag "alle Rechte" erwirbt, entsteht die Vorstellung, daß man "sein Werk" auf nimmer Wiedersehen hergeben muß. Das schreckt ab bzw. verleitet zu hohen Honorarforderungen. Selbst wenn in nachfolgenden Paragraphen diese Sachlage entschärft werden sollte, hat sich diese Vorstellung schon eingeprägt. Juristisches Denken ist den meisten fremd und mir persönlich zuwider. Darum entsteht unbewußt eine Mißtrauenshaltung. Doch klare Formulierungen müssen sein. Ich möchte mein Werk nach gewisser Zeit oder wenn es ein Mißerfolg ist "zu weiterer Verwendung" und Änderung wiederhaben und zwar zu Lebzeiten. Die Vorstellung, daß Restbestände nach zwei Jahren geschreddert und eingestampft werden und die "Rechte" dann in den Akten schmoren ist unakzeptabel. Will man dies verhindern, muß man die Reste und Rechte auch noch Rückkaufen. Und was wird aus meinem Buch, wenn die Firma inzwischen Konkurs macht?

Mit der Beharrung auf dem Erwerb aller Rechte werden Sie n.m.E. zu einem konservativen Verlag, wie es alle großen Zuschußverlage sind und reihen sich in eben dieses überkommene Buchhandels- und Vertriebssystem ein, dem Sie zuvor wortreich entgegengetreten sind. Das erscheint mir nicht konsequent. Auch hier muß man sich wieder fragen, was man denn eigentlich erreichen will: Recht haben, und/oder Geschäfte machen beziehungsweise kunden- oder menschenfreundlich sein (–und damit vielleicht den Umsatz steigern).

Zum Zweiten die Aussage "Der Autor bestimmt den Ladenpreis." (So ist es bei BoD formuliert) Das weckt die Illusion der Handlungsfreiheit und Selbstbestimmbarkeit. Es täuscht darüber hinweg, daß über 90% des Endpreises vorbestimmt feststehen und vom Autor nicht zu beeinflussen sind. Trotzdem kann man sich dem Glauben hingeben durch Honorarverzicht den Absatz seines Buches fördern zu können oder durch möglichst große Gewinnspanne seine Ausgaben wieder hereinholen bzw. Gewinn machen zu können. Deshalb ist diese Aussage ein Ansatz von Kundenfreundlichkeit, soweit man sie verwirklicht und wirkt aus diesem Grunde so anziehend.

Wer nicht die finanzielle Kraft hat die Investition in sein Buch vorab abzuschreiben oder, wie ich, bereit ist, einen Kredit aufzunehmen, um ihn dann abzustottern, der muß es lassen. Es sei denn, er findet freiwillige Geldgeber oder Zuschüsse. Das Wort vom "Armen Poeten" gilt aber immer noch. Ich hätte nichts dagegen, wenn Schreiben und Dichten zum Volkssport würde und Veröffentlichbarkeit nicht extrem abhängig vom Geldbeutel, sondern von Qualität wäre. Das wäre eine hohe kulturelle Leistung.

Zum Dritten die Vorstellung der allseitigen Nutzbarkeit durch möglichst weite Verbreitung. Wenn alle wissen, daß es mein Buch gibt, werden auch viele verkauft werden. – Das ist wahrscheinlich nicht so, aber der Mensch lebt in seinen Illusionen, besonders die Schriftsteller. Verkauft wird, was überzeugt. So sollte es sein. Meistens wird aber verkauft, was einem suggeriert und aufgeschwatzt wird. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen, daß der Eintrag in den wichtigsten, größten Datenbanken, wie z.B. VlB, Amazon.de, von Vorteil ist. Es ist nun mal so, daß die alten Vertriebsstrukturen traditionell immer zuerst genutzt werden. Da nicht mitzumachen aus Überzeugung, ist wünschenswert, kann sich aber nur jemand leisten, der genügend finanziellen Rückhalt hat, sowohl als Firma, wie privat.

Ich meine aber, daß es die Erfüllung der beiden erstgenannten Bedingungen ist, die die festgefahrenen Marktstrukturen etwas aufgebrochen hat. Die technische Entwicklung hat sicher nur die Voraussetzungen dafür geschaffen.

Die Verwirklichung dieser drei genannten Argumente bewirkte möglicherweise, das z.B. bei BoD trotz höheren Preisniveaus so viel Zulauf von sog. "Hobbyautoren" entstand.

Es wäre doch einfach, die Entscheidung den Kunden zu überlassen und ihnen damit gleichzeitig die Kostenträchtigkeit des Systems klar zu machen. Gegen entsprechende Aufpreise könnte man sich bei VlB, Amazon.de, Libri oder anderswo anmelden lassen. Damit bräuchte man diese Kosten nicht im Herstellungspreis zu verstecken. Nur Transparenz bringt wirkliche Entscheidungsfreiheit, Kundenfreundlichkeit und zerbricht alte Strukturen. Verschleierung macht nichts deutlich. In der Wirtschaft, wie in der Politik erfolgreich waren bisher aber meistens leider die Manipulationen der Wähler, wie der Kunden. Diesen Zustand kann man nur dadurch zurückdrängen, daß es möglichst viele kritische, sog. mündige Bürger gibt. Ich glaube, Änderungszwang entsteht auch in diesem Bereich nur durch Druck von unten. Oben sitzt die Lobby.

Es ist, meine ich, diese unflexible, nicht dienstleistungsfreundliche Situation im Buchhandels- und Verlagswesen (man könnte auch Lobbyblockade dazu sagen), die viele dazu treibt sich selbständig zu machen. Sagen Sie mir Argumente, warum ich meine Bücher vom PC aus nicht selbst verlegen sollte, wenn ich die damit verbundene Arbeit nicht scheue. Günstige Digitaldruckereien gibt es inzwischen genug.

Handlungskonsequenz und Prinzipientreue in der Auffassung ist oftmals moralisch lobenswert aber ebenso geschäftsschädigend. Das ist der Grund, weshalb die sogenannte freie Marktwirtschaft sich so schwer tut mit ethischen Prinzipien. Für mich haben diese Prinzipien aber immer noch Vorrang, denn nur sie können verhindern, daß wir völlig in einem globalen Wild-West-Kapitalismus versinken.

Wenn die Rahmenbedingungen Ihres Verlages stimmen würden, meine ich, hätten Sie mit dem angebotenen Preisniveau und Ihrem PS2-Einband (,aus dem man vielleicht auch einen PS3 machen könnte, um Hardcover zu umgehen,) wirklich einen kleinen Marktvorteil.

Ich hätte nichts dagegen, wenn Sie diesen Text Ihren Internetseiten hinzufügen wollten. Aber wer liest schon so Ausführliches im Geschäftsteil, wenn er nicht gezwungen ist, Sparlücken zu finden oder Vorteile zu suchen?

Dieses sollte ein wohlmeinender Beitrag sein.

Mit freundlichen Grüßen

Werner Diederich

Mit freundlichen Grüßen

Peter Spangenberg

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