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Mehrwertsteuer


Eine einzige Grauzone?

Was sagt das Finanzamt dazu?

notiert von Peter Spangenberg, als noch 16% MWSt. normal waren.

Immer wieder gibt es Unsicherheiten bei der Festlegung der Mehrwertsteuer auf Druckerzeugnisse. Wer schon mal eine Rechnung in einer Druckerei bezahlt hat, weiß, dass es hier nicht gerade um Kleingeld, sondern um immerhin satte 12% des Nettobetrages der Rechnung geht. Damit liegt der unklare Anteil an so einer Rechnungssumme wohl außerhalb des Bereiches, den wir normalerweise selbst als unerheblich einstufen würden. In Zeiten, wo man angeblich manche Buchhaltungsprogramme gar nicht verwenden darf, nur weil dort eventuell Rundungsfehler der MWSt. beim letzten Cent eines jeden Rechnungspostens möglich sind, erstaunt uns die lockere Einstellung unserer Parlamentarier und Finanzbeamten in Sachen MWSt.-Regelung bei der Medienbranche und ihren Rechnungen jedoch etwas. Das USt.-Gesetz ist eine seltsam verschachtelte Kette von Ausnahmen, die sich wunderbar selbst in die Quere kommen und bei denen man auch keine rechte innewohnende Grundidee oder Logik erkennen kann. Beim Lesen der Paragrafen wird man den Verdacht nicht los, dass dieses Gesetz und vielleicht manches andere auch seinerzeit in feuchtfröhlicher Würfelrunde entstanden ist. Nun habe ich grundsätzlich nichts gegen Unterhaltung in der Politik und Humor in trockenen Gesetzen. Aber wie soll man solche Gesetze nun einigermaßen brav einhalten können, ohne sich, den Staat oder die Kunden zu benachteiligen?

Wir haben aus der Not der rechten Wahl heraus eine Anfrage an das Eberswalder Finanzamt gestellt und folgende ausführliche Erklärung erhalten:

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Hier der Wortlaut des amtlichen Schreibens:

Dienstgebäude
Eberswalder Str. 107
16227 Eberswalde
Logo
Anfrage zum Steuersatz bei Druckerzeugnissen Finanzamt Eberswalde

Ihr Schreiben vom 03.12.2001

Datum
10. Dez. 2001
PS Verlag
Herrn
Peter Spangenberg
Emst-Abbe-Str. 3
16225 Eberswalde
Finanzamt Eberswalde
Eberswalder Str. 107
16227 Eberswalde
Sehr geehrter Herr Spangenberg, Sprechstunden
Mo-Fr 8.00-12.00,
außer Mi,
Dt 14.00-17.00
und nach Vereinbarung
zu Ihrer Anfrage möchte ich Ihnen die folgenden Auskünfte allgemeiner Art erteilen. Es ist mir leider nicht möglich, sämtliche in Ihrem Unternehmen auftretenden Geschäftsvorfälle ohne detailierte Sachverhaltsdarstellung zu beurteilen. Selbst mit dieser Beschreibung gibt es vermutlich noch einige in persönliches Ermessen fallende Drucksachen!
Sollten Sie weitere Fragen zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von 7% und des Regelsteuersatzes von 16% zu Geschäftsvorfällen in Ihrem Unternehmen haben, wenden Sie sich bitte an die Angehörigen der steuerberatenden Berufe. Es gibt übrigens Firmen, die für die Ermittlung der Steuerlast mehr zahlen als Steuern entrichten. Zu diesem Thema mehr in einer der nächsten Ausgaben der Barnimer Bürgerpost!
Bei der Beurteilung des anzuwendenden Steuersatzes ist zunächst zu unterscheiden, ob Sie in Ihrem Unternehmen Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführen.
Die Lieferung (d.h. der Verkauf) von Büchern, Zeitungen und anderen Erzeugnissen des graphischen Gewerbes - mit Ausnahme der Erzeugnisse, für die die Hinweispficht nach § 4 Abs.2 Satz 2 des Gesetzes über die Verbreitung jugendgefährdeter Schriften besteht, sowie der Drucke, die für Werbezwecke eines Unternehmens herausgegeben werden oder die überwiegend Werbezwecken dienen -, unterliegt nach § 12 Abs.2 Nr. l und 2 i.V.m. (in Verbindung mit?)der Anlage Nr. 49 a-f (Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände) des Umsatzsteuergesetzes (UStG) dem ermäßigten Steuersatz von 7%. Also fast alles!
In Nr. 49 der Liste der dem ermäßigten Steuersatz unterliegenden Gegenstände werden die Druckerzeugnisse wie folgt näher beschrieben:
a) Bücher, Broschüren und ähnliche Drucke, auch in losen Bogen oder Blättern (ausgenommen kartonierte, gebundene oder als Sammelbände zusammengefasste periodische Druckschriften, die überwiegend Werbung enthalten),
b) Zeitungen und andere periodische Druckschriften, auch mit Bildern oder Werbung enthaltend (ausgenommen Anzeigenblätter, Annoncen-Zeitungen und dergleichen, die überwiegend Werbung enthalten),
c) Bilderalben, Bilderbücher und Zeichen- oder Malbücher für Kinder,
d) Noten, handgeschrieben oder gedruckt, auch mit Bildern, auch gebunden,
e) kartographische Erzeugnisse aller Art einschließlich Wandkarten, topographischer Pläne und Globen, gedruckt,
f) Briefmarken und dergleichen (Ersttagsbriefe, Ganzsachen, vorphilatelistische Briefe und freigestempelte Briefumschläge) als Sammlungsstücke.
Sind Formularsätze wie Warenbestell-Listen, Lohnvordrucke, Buchhaltungsbelege und sonstige Erfassungsbögen lose Blätter im Sinne von 49 (a)?
Zählen Briefbögen-Sätze für Rechnungen, Anschreiben, Folgeseiten und Geschäftsbedingungen zu losen Blättern im Sinne von 49 (a)?

Sind Lagepläne von öff. Einrichtungen, Vergnügungsparks, Firmen und Kommunen (mit oder ohne eingetragene touristische Magnete) bzw. Anfahrtsskizzen auch 7%-ige kartografische Erzeugnisse?
Wieviel Begleittext oder Werbeanzeige darf denn an oder um so eine Karte gesetzt werden?
Darf bei Wahrung des ermäßigten Steuersatzes die Rückseite einer Karte Werbung und ein kleines nicht werbendes Quadrat (wegen unter 50 % Werbefläche!) enthalten?
Vom Anwendungsbereich der Nr. 49 ausgenommene Drucke, die für die Werbezwecke eines Unternehmens herausgegeben werden, liegen vor, wenn sie im Interesse des Unternehmens geliefert werden und die Aufmerksamkeit auf Erzeugnisse oder Dienstleistungen des Unternehmens lenken sollen (z.B. Firmenbroschüren, Verkaufskataloge, Kundenzeitschriften usw.).
Zu den für die Werbezwecke eines Unternehmens herausgegebenen Druckschriften zählen u.a. nicht Aufklärungsschriften und ähnliche Broschüren, die von öffentlich-rechtlichen Körperschaften kostenlos verteilt werden, Tätigkeits-oder Rechenschaftsberichte von Vereinen und Gesellschaften oder Informationsbroschüren, die in Banken und Sparkassen zur kostenlosen Mitnahme ausliegen. Reicht das Auslegen einiger Exemplare der Serie an solchen Stellen schon für die Steuerermäßigung aus? Ist es wesentlich, wie diese kostenlose Auslage erreicht wurde? Muß diese Auslage überhaupt mit Wissen der genannten Einrichtungen erfolgen? Wenn nun ein Heft über gewisse Markenstaubsauger, Kosmetika oder Telefontarife regelmäßig im Rathaus gefunden wird...?
Drucke, die "überwiegend Werbezecken dienen" liegen vor, wenn sie in erster Linie wegen der darin enthaltenen Werbung herausgegeben werden (z.B. Reise- und Fremdenverkehrsprospekte, Hotel-Hausprospekte). Zählen Handbücher zu Geräten und Software (auch ohne Software verkaufte Bücher zum Bedienen von z.B. Microsoft-Programmen), betriebliche Dienst- und Sicherheitsvorschriften, Rettungspläne für Betriebe, Finanzberichte für Aktionäre und Anteilseigner anderer Gesellschaften, Verkaufsanleitungen für das Vertriebspersonal, Briefbögen der Firmen, Fahr- und Eintrittskarten sowie Programme von politischen Vereinigungen zu überwiegend der Werbung dienenden Schriften?
Theaterprospekte dagegen sind keine Werbedrucke. Was ist mit Opern, Operetten, Ballett, Konzerten (von Klassik bis Techno), Lesungen, Pantomime, Vorträgen und Podiumsdiskussionen?
Gelten Plakate des Theaters allgemein bzw. speziell zur Aufführung auch als Theaterprospekte?
Die Qualifizierung einer einheitlichen Leistung, die sowohl Lieferungs- als auch Dienstleistungselemente beinhaltet, als Lieferung oder sonstige Leistung ist davon abhängig, welche Leistungselemente unter Berücksichtigung des Willens der Vertragsparteien den wirtschaftlichen Gehalt der Leistungen bestimmen (vgl. auch Abschnitt 25 der Umsatzsteuerrichtlinien/ UStDV).
Eine (begünstigte) Werklieferung ist danach anzunehmen, wenn z.B. eine Druckerei von Manuskripten eines Bestellers im Wege des Fotosatzes Druckvorlagen und anhand dieser Vorlagen eine bestimmte Zahl von gebundenen Druckerzeugnissen herstellt und diese an den Besteller ausliefert.
Wird von Ihrem Verlag nur der Druck von Manuskripten oder Vorlagen bzw. das Binden von einzelnen Seiten ausgeführt und erfolgt im Anschluss daran keine Lieferung des fertigen Werks (Buch oder anderer Druckerzeugnisse), handelt es sich hierbei um eine sonstige Leistung, die dem Regelsteuersatz von 16% unterliegt. Wer bei uns fertige ermäßigt besteuerte Druckerzeugnisse bestellt, zahlt also weniger als bei Vergabe von Teilleistungen derselben Produkte an verschiedene Druckereien und Buchbindereien. Freuen Sie sich mit uns!
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Unterschrift

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Wegen dieser Belehrung stellen wir nun für den überwiegenden Teil unserer Leistungen Rechnungen mit ermäßigtem Steuersatz aus. In Zweifelsfällen werden wir uns absichern, beim Finanzamt das Erzeugnis vorstellen und um Beurteilung bitten. Auf mündliche Nachfrage zu den hier genannten Zweifelsfällen wurde ich gebeten, die Fälle selbst einzuschätzen oder mich auf die - mangels genauer gesetzlicher Vorgaben ebenfalls sehr persönliche - Meinung von Steuerberatern zu verlassen. Im Finanzamt würde man im Falle einer Steuerprüfung großzügig sein, wenn der Steuerzahler eine Begründung zu seiner Steuersatzentscheidung geben könne.

Es könne für Sie von Vorteil sein, mit Hilfe dieser Anleitung an geplanten Druckerzeugnissen zu feilen, um eine ermäßigte Mehrwertsteuer zu erwirken. Leider birgt diese Gesetzeslücke bzw. Grauzone des Steuerrechts eine gewisse Portion unternehmerisches Risiko.

Nach vielen Jahren könnte ein strenger Steuerprüfer bei in Zweifelsfällen frech nur ermäßigt versteuerten Leistungen hohe MWSt.-Beträge nachfordern und Sie damit doch noch zu einem Steuerberater zwingen. Haben Sie dagegen im Zweifelsfall einfach stets die volle MWSt. aufgeschlagen, dann haben Sie erstens bei nicht vorsteuerberechtigten Kunden einen Wettbewerbsnachteil wegen zu hohen Endpreises im Vergleich zur anders rechnenden Konkurrenz zu fürchten. Und Sie verärgern zweitens Ihre Firmenkunden, bei denen die zu hoch befundenen Vorsteuern bei einer Steuerprüfung vom Finanzamt zurückgefordert werden. Ein Streit zwischen Kunde und Ihnen um den Differenzbetrag wäre vorprogrammiert - und Ihre zuviel entrichtete MWSt. von vor einigen Jahren sehen Sie wahrscheinlich auch nie wieder. Es macht also schon Sinn, den dürftigen gesetzlichen Vorgaben mit den tatsächlichen Druckwünschen einen Schritt entgegenzugehen und zusätzlich den Gestaltungsspielraum mit dem Finanzamt schriftlich zu vereinbarn. Diese Seite soll ein Anfang dazu sein. Wir suchten sogar in der Hoffnung auf mehr Klarheit nach geplanten Änderungen des Umsatzsteuergesetzes, aber wie Sie im Entwurf sehen können, ging es den Politikern wohl eher um eine Textkürzung, um das Kopierbudget im Bundestag zu entlasten.

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Wenn Sie also die 50-%-Werbeanzeigen-Grenze nicht überschreiten, Ihre Beziehungen bei Ihrer Hausbank oder in öffentlichen Einrichtungen betreffs der kostenlosen Auslage Ihrer Infohefte spielen lassen, Ihren Saft-Verkaufskatalog zu einem "Ratgeber Vitamingetränke" umfrisieren oder statt für eine "Modeschau mit Musik" Prospekte für eine musikalische Tanztheateraufführung bestellen, erhöht sich die Chance auf halbe MWSt. erheblich! Weitere Hinweise zur vorteilhaften Gestaltung des Druckpreises finden Sie auf der Startseite des PS VERLAGs.

Wer nicht vorsteuerberechtigt ist, zahlt bei einer zweifelhaften Entscheidung des Finanzamtes oder der Druckerei natürlich aus der eigenen Tasche eventuell unbegründete Steuern. Das erhöht je 1000 Euro netto den Endpreis von 1070 auf 1160 Euro. Melden Sie sich bitte bei uns und teilen Sie uns oder auch gleich direkt unserem Finanzamt Ihre Argumente für den ermäßigten Steuersatz Ihrer Drucke mit! Manchmal hilft´s.

Es fällt natürlich auf, dass wieder die Großen und Starken steuerlich begünstigt werden. Eine dem Bürgermeister ans Herz gewachsene Baufirma, ein regional marktbeherrschender Energieerzeuger, Entsorger oder Vermieter, große Vereine, Gesellschaften mit kommunaler Beteiligung (Bussgesellschaften, Zweckverbände Wasser/Abwasser, Stadtwerke, Technische Werke) werden eher eine kostenlose Auslage in Ämtern erwirken als ein kleiner Bio-Bauer oder eine Bürgerinitiative, ein Ladeninhaber oder eine Tagesmutter. An welche Prospekte können Sie sich erinnern? Ich fand schon Prospekte von Klärsystemen für Privathäuser, Spendenaufforderungen, Werbung für Gaststätten, Schiffshebewerk und bestimmte Medikamente in solchen öff. Auslagen. Die Barnimer Bürgerpost durfte aber nicht einmal ältere Hefte zum Probelesen in Warteräumen der Verwaltung auslegen. Lassen Sie sich also nicht verjagen und verweisen Sie notfalls auf andere ausliegende Zettel. Bestehen Sie auf gleichen Wettbewerbschancen aller Unternehmen! Melden Sie uns Ihre Mißerfolge mit Name des ablehnenden Sachbearbeiters und entdeckten Werbeauslagen anderer in dessen Zuständigkeitsbereich! Mitunter steht der Dialekt eines Beamten in Zusammenhang mit zufällig gefundenen Firmenprospekten. Achten Sie auf die Details!


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