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Das ist ein Textauszug als Leseprobe. Die Silbentrennung ist leider nicht zurückgesetzt worden. Vielleicht wird hier deshalb bald eine PDF-Datei diesen Text ersetzen.

Carla Jedermann

Ich hab die Welt

so nicht gemacht!

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Jedermann, Carla: Ich hab die Welt so nicht gemacht: Roman. – 1. Aufl. – Britz: PS VERLAG, 2011. – 370 S.

Umwelthinweis:

Dieses Buch wurde mit einem umweltfreundlichen Verfahren auf chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt.

Umschlaggestaltung:

Peter Spangenberg

1. Auflage

© PS VERLAG 2011

Alle Rechte vorbehalten

Herstellung: PS VERLAG

www.psverlag.de

Inhaltsverzeichnis

1 Vorwort 6

2 Der Verleger bittet um Verständnis 9

3 Ich hab die Welt so nicht gemacht 10

4 Nachwort 363

5 Danksagung 365

6 Bildnachweis 366

1 Vorwort

Im Jahr 2006 wurden nach einer statistischen Erhebung des Bundes­kriminalamtes 12.765 Sexualdelikte an Kindern begangen. Die Dun­kelziffer liegt zehnmal höher. Das muss man erst mal auf sich wir­ken lassen.

Die Zahlen unterscheiden sich seit Jahren nicht großartig. Wenn wir also davon ausgehen, dass in jeder Generation der Frauen und Männer, die heute in Deutschland leben, so etwa 120.000 Personen missbraucht wurden, sind wir bei 480.000 Opfern in 4 Generationen, ausgehend von 20 Jahren Generationsintervall. Wahrscheinlich liegt die Zahl noch viel höher, weil ich doch eher zu tief schätze. Man(n) muss sich mal vorstellen, wie viele Wähler wir hätten, würden wir Opfer eine Partei gründen. Selbst wenn der Missbrauch überstanden ist, ziehen sich die Folgen über das ganze Leben. Oft missbrauchen wir uns noch Jahre selbst, ohne es bewusst mitzubekommen. Wir funktionieren in Strukturen, die wir uns in der Kindheit zum Schutz aufgebaut haben. Häufig trauen wir uns nicht, mit unserem Umfeld darüber zu reden, weil wir nicht darauf reduziert werden wollen oder mitleidig beäugt – und weil wir uns einreden, es sei ja alles vorbei. Wir leben hinter ei­ner Wand und haben häufig ein ganz anderes Selbstbild von uns als das Umfeld.

Ich erlebe Dinge immer wieder aus der Distanz (wie auch den Miss­brauch), als wäre es in einem vorigen Leben oder ich wäre eine an­dere. Auch den Missbrauch, den ich an mir selbst begann – noch viele Jahre. Bis zur Geburt meines Sohnes habe ich die Übergriffe an mir nicht mal als Missbrauch gedeutet. Einfach weil ja niemand mich defloriert hatte. Also war ja alles gar nicht so schlimm. Als dann mein Sohn geboren war, bekam ich plötzlich Albträume. Ich wachte immer häufiger auf und sah klare Bilder. An viele Teile mei­ner Kindheit kann ich mich nicht erinnern. Wer weiß, wozu es gut ist.

Meinen Sohn, wie auch meine 3 Jahre später geborene Tochter konnte ich nicht lange stillen. Das, was andere Frauen als angenehm empfanden, empfand ich als ein Gefühl, das es zwischen Erwachse­nem und Kind nicht geben darf. Ich empfand den Anblick meiner Kinder an meiner Brust schon als falsch. Natürlich zeigt man das niemandem. Das gehört sich ja nicht.

Irgendwann muss man die Entscheidung treffen: Bestimmt meine Vergangenheit mich oder bestimme ich mich. Meiner Meinung nach sollte jeder, dem das widerfahren ist, darüber reden. Und wenn wir wollen, dass es zukünftigen Generationen besser geht, sollten wir das Schweigen brechen. Eine Missbrauchstherapie ist immer von Vorteil, weil man für sich selbst erkennt, hinter welchen Strukturen man sich versteckt. Viele Opfer haben mit Folgen wie Borderline, Bulimie oder Drogensucht zu leben. Häufig werden hier dann auch nur diese Dinge therapiert und die Wurzel des Übels kommt nicht einmal zur Sprache. Die Folge: Etliche Therapien zeigen keine Erfol­ge oder werden abgebrochen.

Eine Folge des Missbrauchs war es, dass ich mir gezielt immer die falschen Männer gesucht habe. Weil ich Liebe schon sehr früh in Verbindung mit Sexualität kennen gelernt habe, war die Tatsache, dass auch Männer manchmal keine Lust auf Sex haben, für mich sehr schmerzhaft. Wollte ein Partner nicht mit mir schlafen, habe ich schnell seine Liebe in Frage gestellt. Ständige Verlustängste ha­ben zu Szenen geführt, die ich mir heute gar nicht mehr vorstellen möchte. Dadurch, dass ich mir meist dominante, untreue Männer gesucht habe, sind von Scheitern zu Scheitern der Beziehungen na­türlich auch die Ängste und die Eifersucht gestiegen. Weil ich doch aber selbst so viele Fehler habe und nicht gerade die sauberste Ver­gangenheit, wollte ich Fehltritte auch immer wieder verzeihen. Die verzweifelte Suche nach dem richtigen Partner und der heilen Fami­lie ging dann so weit, dass Beziehungen nur noch ein paar Monate hielten. Ich verlor dabei immer mehr an Kraft. Mir war dann ir­gendwann wichtiger, erst einmal eine Beziehung zu mir selbst auf­zubauen – und das schien auch überlebenswichtig, zumal ich ja auch für meine Kinder ein Vorbild sein wollte.

Ich habe mit vielen missbrauchten Frauen gesprochen. Alle Opfer, die sich gegen den Missbrauch therapieren ließen, kommen besser im Alltag klar. Ich finde, wir leben nicht mehr in einem Zeitalter, wo wir den Mund halten müssen. Mich regt es unheimlich auf, dass Missbrauch immer nur ein Thema ist, wenn mal wieder etwas Schreckliches durch die Presse geht. Der häusliche Missbrauch aber geht weiter. Tag für Tag, für Tag. Die Täter werden nicht angezeigt und machen dann oft über Generationen von Kindern weiter. Ir­gendwie – finde ich – wird es nun Zeit, dass wir unbekannten Opfer auch darüber reden. Gar nicht so sehr über den Missbrauch, aber über die Folgen, die dieser für uns hat. Ich bin fest davon überzeugt, dass es schon hilft zu wissen: Ich bin nicht allein. Da sind ganz Vie­le, denen es auch so geht!

Ich habe erst in den letzten Jahren gemerkt, wie wichtig es ist, sich treu zu bleiben – auch wenn man dann auch die Konsequenzen tra­gen muss. Viele Jahre habe ich einfach damit verschwendet, in Strukturen zu reagieren, die noch aus meiner „freien Wildbahnzeit“ stammten – und es einfach gar nicht bemerkt. Auch noch nachdem ich mit 33 Jahren eine Therapie anfing. Skeptisch bin ich Menschen gegenüber geworden, vielleicht sogar menschenscheu, und die stän­digen Selbstzweifel habe ich immer noch nicht im Griff. So oft habe ich versucht, mich anzupassen – und mich nie wohl dabei gefühlt. Mir war es immer wichtig, dass niemand meinen Stolz bricht. Den habe ich mir irgendwie bewahrt. Und ich habe zwei wundervolle Kinder großgezogen. Ich denke, dafür war es das schon alles wert.

2 Der Verleger bittet um Verständnis

Dieses Gedächtnisprotokoll ist eine Abschrift eines Tonbandproto­kolls der Autorin – also echt. Hier kamen emotionsgeladene Erin­nerungen aus der Jugendzeit zuerst ins Mikrofon, später dann zu Papier. Mit diesen Erinnerungen kam auch die tatsächlich damals verwendete Sprache mit allen Ecken und Kanten wieder auf.

Im Lektorat wollte ich diese authentische Sprache erhalten wissen – der Glaubwürdigkeit halber. Und so werden Sie als Leser eben mit ei­nem mehr gesprochen als geschrieben wirkendem Buchtext kon­frontiert.

Für Lektoren ist eine solche Vorgabe eher schwerer umzu­setzen als die gewohnte Anwendung der üblichen Regeln. Hier hal­fen nur unzählige Bauchentscheidungen für oder gegen einen Ein­griff in die Manuskriptsprache. Ich hoffe, Sie akzeptieren fast jede Entscheidung!

Ihre Verbesserungsvorschläge für die Nachauflagen dürfen Sie gern (möglichst mit Begründung) an epost@psverlag.de einsenden. Wenn Sie das wünschen, bedanken wir uns mit einer Namensnennung auf der Lektoratsseite zum Buch – also bei www.psverlag.de/buch/carla/lektorat.html.

3 Ich hab die Welt so nicht gemacht

Mein Vater war neunzehn, meine Mutter zwanzig. Er war Musiker. So hatte sie ihn kennen gelernt: als Schlagzeuger einer Band, die am Wochenende spielte. Eigentlich war er Kfz-Mechaniker, dass heißt: nicht ganz, denn er hatte seine Ausbildung niemals beendet. Auf irgendeinem Geburtstag irgendeiner Tante meiner Mutter hat er damals Musik gemacht und meine Mutter hat ein bisschen geholfen – Tische abräumen, Schnittchen machten und so etwas. Gearbeitet hat sie in einer Metzgerei in Braunschweig. An den Wochenenden ist sie dann nach Hause gekommen. Sie lebte bei ihren Adoptiveltern. Der Adoptivvater meiner Mutter starb gleich nach dem Krieg. Er war schwer krank geworden, hatte überall Was­ser: in den Beinen, in den Hoden, in der Lunge – einfach überall. Er arbeitete in einer Zinkhütte und seine Abwehrkräfte waren nach dem Krieg wohl noch so geschwächt, dass er das nicht lange durch­hielt.

Nachdem der Vater meiner Mutter gestorben war, kam meine Mutter wieder in ein Heim. Von da an durfte nur sie noch zu Be­such nach Hause. Sie dachte immer, das läge an ihrer Mutter, und hatte das Gefühl, abgeschoben zu werden. Im Nachhinein ist natür­lich klar, dass sie nicht abgeschoben wurde, sondern die Behörden sie aus dem Elternhaus holten, weil sie nur ein Pflegekind war – so eine Art Mündel. Ein bisschen loswerden wollte meine Oma sie wahrscheinlich auch, denn sie hatte wieder geheiratet. Da war mei­ne Mutter auch sicher ein Stückchen im Weg.

Meine Mutter hatte einen Freund in Braunschweig – einen Stu­denten, mit dem sie angeblich nie etwas hatte. Mein Vater war so­mit ihr erster Mann. Dieses Wochenende kam sie also nach Hause, um zu helfen. Dabei hatte sie meinen Vater kennen gelernt. Der hat­te sich wohl ein bisschen verguckt in meine Mutter. Als sie am nächsten Morgen nach Braunschweig zurück wollte, stand er vor der Tür und wollte sie mit dem Auto zurückfahren. Na ja, das Ende vom Lied war, dass sich beide verliebt hatten. Meine Mutter beendete die Freundschaft mit ihrem Studenten und suchte sich einen Job in Goslar, um näher bei meinem Vater zu sein. Sie fing in einer Bäckerei als Verkäuferin an. Dort im Keller hatte sie auch ein Zimmer. Sie war mit meinem Vater fest zusammen, durfte damals aber noch keinen Besuch empfangen. Es war ja alles unter strenger Herrschaft, wenn man irgendwo arbeitete und auch dort wohnte. Weil die beiden auch nachts zusammen sein wollten, hat sie ihn ab und zu durch das Kellerfenster reingelassen.

Meine Mutter war zwanzig, als ich unterwegs war. Am 15. No­vember wurde sie einundzwanzig und am 25. November erblickte ich das Licht der Welt. Entstanden bin ich also durch die ständige Schleicherei durch ein Kellerfenster. Als es fest stand, dass meine Mutter schwanger war, hat sich mein Vater sehr gefreut, denn er wohnte zu der Zeit auch nicht zu Hause, sondern bei seinen Großel­tern. Da wollte er jedoch unbedingt raus. Außerdem freute er sich, meine Mutter jetzt fest zu haben und heiraten zu können. Sie sind nach der Hochzeit zusammen in eine Wohnung nach Astfeld gezo­gen. Dabei gab es noch einen Bärenaufstand, denn die Eltern meines Vaters waren gegen diese Heirat, weil meine Mutter keine gute Par­tie war, und verweigerten deshalb die Unterschrift für die Volljäh­rigkeitserklärung. Aber die beiden haben sich doch durchgesetzt, geheiratet und in ihrer ersten Wohnung in Astfeld angefangen.

Mein Vater ist sofort zur Bundeswehr gekommen, und meine Mutter war in Prinzip immer mit mir. Sie hatten im September noch schnell geheiratet und er hatte sich für zwei Jahre verpflichtet, da­mit es mehr Sold gab. Er war nur an den Wochenenden zu Hause. Und da hat er teilweise noch Musik gemacht, um das Geld aufzu­bessern. Meine Mutter hat allerdings von dem Geld nie viel gese­hen. Sie musste noch Putzen gehen, damit wir über die Runden ka­men. Meine Mutter erzählte mir mal eine Episode, in der mein Va­ter eine Anhalterin mit nach Hause gebracht hat. Das arme Mäd­chen wusste nicht, wo es schlafen sollte. Als meine Mutter in der Küche etwas zu trinken machte, hat er die günstige Gelegenheit ge­nutzt und die Anhalterin in der Zeit gebumst, hatte einfach die Tür abgeschlossen und sie rangenommen. Mein Vater muss ein riesiger Hallodri gewesen sein. Ein Weiberheld, der alles mitgenommen hat. Meine Mutter schildert sich eher als unbedarft, aber ich weiß aus Er­zählungen meines Vaters, dass sie auch ganz gerne mal rumge­macht hat.

Viel später, da haben wir schon in Jerstedt gewohnt, haben sie ir­gendwelche Freunde eingeladen, geknobelt oder Karten gespielt und dabei diese Ausziehspielchen gemacht, also kann sie so ganz ohne auch nicht gewesen sein. Auch viel später – da war ich be­stimmt schon im Schulalter – da soll mein Vater über seine eigene Schwester hergefallen sein und meine Mutter soll mitgemacht ha­ben. Also meine Mutter sagt:

“Dieses Schwein hat seine eigene Schwester gevögelt“, und mein Vater sagt:

“Ich habe sie doch in der Badewanne erwischt, die beiden als sie an sich rumgefummelt haben. Was sollte ich denn tun? Da wollte ich einfach mitmachen. So!“

Ich denke mal, solche Sachen würde meine Mutter nicht zugeben, auch wenn sie stimmen würden. Laut meinem Vater war sie auch schon als Teenager ziemlich wild, ist immer abgehauen, hat sich ganz gerne mit Jungs rumgetrieben und ist wahnsinnig gerne tan­zen gegangen. Sie ist bereits mit zwölf von zu Hause abgehauen, aber um irgendwelche Hunde auszuführen. Sie schlief mit den Hunden im Wald in einem alten Bunker und hat sich von einer Freundin Essen bringen lassen. Als ihr allerdings ein Hund abge­hauen ist, bekam sie Schiss und ist dann doch lieber nach Hause ge­gangen. Sie war auf jeden Fall eine, die ganz gerne unterwegs war – ob mit Typen oder nicht. Und die das Handtuch geschmissen hat und lieber abgehauen ist, wenn sie Probleme hatte.

Also, wir haben in Astfeld gelebt. Die Geschichte, die meine Mut­ter mir immer erzählt über Astfeld, ist die, dass ich damals, als sie einkaufen war, meine Gummistiefel zum Trocknen auf den Ölofen gestellt habe. Aber nicht, wie sie das immer getan hat (mit dem Rost darunter), sondern ich habe den Rost oben gelassen und die Stiefel direkt auf die heiße Platte gestellt. Zum Glück kam sie rechtzeitig nach Hause. Alles war vernebelt und sie hat mich ganz schnell da raus geholt, damit ich mich nicht vergifte. Das ist also die erste Ge­schichte, die meine Mutter immer von mir erzählt. Da muss ich so zwei oder drei gewesen sein. Älter war ich auf keinen Fall.

Dann sind wir umgezogen nach Jerstedt. Warum, weiß ich nicht. Aber ich nehme an, die Wohnung war zu klein. Es war ja nur eine Einzimmerbude. Jedenfalls haben wir in Jerstedt eine sehr große Zweizimmerwohnung gehabt – ein riesengroßes Wohnzimmer, ein riesengroßes Schlafzimmer und eine Wohnküche. Eine Wohnküche mit Schräge – und in der Schräge war eine Rigipswand eingelassen, so dass dahinter eine Art Abstellraum entstand – ohne Fenster. Dort hatte ich meine Spielsachen. Sehr oft habe ich auch dort gesessen und gespielt. Geschlafen habe ich in einem Gitterbettchen im Schlaf­zimmer. Wir hatten eine Gästetoilette und ein Badezimmer. In der Badewanne saßen immer riesige Spinnen auf dem Abfluss. Riesige Dinger waren das – richtig widerlich. Wir haben auch Tiere dort ge­habt: einen Schäferhund (glaube ich), Kaninchen, Gänse – und na­türlich einen Garten. Wir wohnten mit den Vermietern in einem Haus. Deren Sohn hieß Martin und ist mittlerweile schwul. Ich hof­fe, nicht wegen mir. Mit dem habe ich immer ganz gerne gespielt. Die Vermieter hatten eine Gärtnerei. Dort gab es auch einen Bahn­damm, auf dem ich im Herbst immer mit meiner Laterne gegangen bin:

„Laterne, Laterne....“

Dort gab es noch einen Hühnerhof – so einen Kilometer entfernt, da ging ein Zaun darum herum. Wenn ich Eier holen ging, hat mei­ne Mutter mich über den Zaun gehoben, so einen Maschendraht­zaun, na und dann bin ich Eier holen gegangen. Irgendwann war es einmal bitter kalt, da musste ich dringend. Es war so kalt, dass ich mir das Höschen nicht runterziehen wollte. Ich habe einfach in die Hose gepullert, bin den einen Kilometer da noch hingegangen und habe diese blöden Eier geholt. Ich stand da vor der Tür und zwi­schen den Beinen war alles nass. Dann bin ich noch zurückgelaufen. Wie auch immer – ob ich mich erkältet habe, daran kann ich mich nicht erinnern.

Mein Vater machte ja Musik, und ich kann mich noch daran erin­nern, dass meine Mutter immer unglaublich gerne Texte lernen wollte. Sie ist ja nun keiner Fremdsprache mächtig. Sie beherrscht gerade mehr oder weniger das Deutsch. Damals war so eine franzö­sische Platte in, die hieß „Tu toi noir“ oder so, und in englisch gab es auch irgendwas, dass sie lernen wollte. Sie hat immer diese Lie­der gedudelt und bestimmte Passagen wiederholt, weil sie das in Lautschrift aufschreiben wollte. Meine Mutter schloss sich dabei im Wohnzimmer ein, damit ich da nicht reinkam. Ich stand vor der Tür und hätte ihr wirklich gerne zugehört - oder gesehen, was sie da macht, aber sie wollte das nicht.

Ich erinnere mich noch: Da war mal helle Aufregung. Da stand ein Mann mit einem Koffer vor der Tür, und der hat so einen Auf­kleber an unseren Fernseher gemacht. Meine Eltern sagten, der Fernseher würde jetzt abgeholt und sie wüssten nicht, was sie ma­chen sollten. Ich habe immer wieder gedacht, was soll das nur, nur weil da so ein Aufkleber drauf war. Sowieso habe nicht verstanden, warum da jemand bei uns klingelt, bloß um auf den Fernseher einen Aufkleber zu machen. Aber es musste etwas ganz Schlimmes sein, denn der sollte abgeholt werden. Ich weiß noch: wenn meine Eltern damals ausgingen, haben sie mich mit einem Katalog, einem Otto-Katalog oder so, ins Ehebett gesetzt, mir eine Kinderschere in die Hand gedrückt und haben gesagt, ich könne da Bilder ausschneiden, bis ich müde bin. Dann sind sie los getigert. Ich habe in dem Bett gesessen, bis mir die Äuglein zufielen und den Katalog währenddessen auseinander geschnitten.

Und noch so eine Story weiß ich aus Erzählungen meiner Mutter. Meine Mutter hatte heimlich angefangen, den Führerschein zu ma­chen. Das durfte allein schon deshalb niemand wissen, weil sie schon längere Zeit mit dem Auto fuhr. An dem Tag der Prüfung hatte sie niemanden, der auf mich aufpassen konnte. Wie das an solchen Tagen so ist, hatte ich wohl schon die ganze Zeit gebrochen und mir so etwas wie eine Magen- und Darmgrippe eingefangen. Theoretische und praktische Prüfung waren damals noch an einem Tag, also musste ihr schon klar gewesen sein, dass sie längere Zeit durch Abwesenheit glänzen würde. Weil ihr die Prüfung halt sehr wichtig war und sie niemanden zum Babysitten hatte, hat sie mich halt in mein Kinderbettchen gesetzt, aus dem ich wohl auch noch nicht raus konnte ,und hat mir Spielsachen da reingelegt. Daraufhin ist sie mit dem Auto zur Prüfung gefahren, hat den Wagen in einer Seitenstraße geparkt und ist den Rest zu Fuß gelaufen. Nachdem sie ihre theoretische Prüfung bestanden hatte, musste sie noch ein oder zwei Stunden warten, bis ihre praktische an der Reihe war. Jetzt war ich schon zwei oder drei Stunden in diesem Kinderbett ganz al­lein und kein Schwein hat sich um mich gekümmert. Ich hab dann auch fleißig erbrochen. Schließlich hat die Mutter die Vermieterin angerufen, die mit im Haus wohnte und hat sie gebeten, mal nach mir zu gucken. Sie wollte nur einkaufen fahren und wäre wegen ei­ner Reifenpanne nicht so schnell zurück. Und keiner wusste, dass ich schon zwei, drei Stunden allein in meinem Bett war. Es waren sehr nette Leute, und sie hätten niemals zugelassen, dass man ein krankes kleines Mädchen so lange allein lässt. Auf jeden Fall ist die Oma dann auch hochgekommen. Ich hatte das ganze Bett vollge­kotzt, in meinem Erbrochenen gesessen und gespielt. Sie hat das Bettchen neu überzogen und mich erst einmal versorgt. Meine Mutter hat in der Zeit eben fleißig ihren Führerschein gemacht und auch bestanden. Wenn sie mir diese Geschichten erzählt, dann eigentlich immer nur um mir klarzumachen was sie in ihrem Leben schon für Opfer bringen musste – das ist der Witz an der Sache.

Einmal habe ich nachts in meinem Kinderbettchen geschlafen und meine Eltern waren nicht da. Durch irgendetwas bin ich aufgewacht und es war alles voller Blut. Da lagen lauter tote Mäuse in meinem Bett. Es war so grauenvoll. Ich habe so geschrien. Keiner war da! kein Mensch war da – und es war mitten in der Nacht. Voller Panik bin ich aus meinem Bettchen geklettert, runter gelau­fen zu unseren Vermietern und habe da geklopft und geschellt und geschrien:

“Da liegen lauter tote Mäuse in meinem Bett. Ich habe solche Angst. Ich habe solche Angst!“

Sie sind daraufhin mit hochgekommen, haben nachgeschaut und da hatte wohl die Katze, während ich schlief, in meinem Bett ihre Jungen bekommen. Da lagen dann diese ganz kleinen Kätzchen drin. Es war eine ganz schön feuchte Angelegenheit auf meinem Bettzeug, da hatte sich ja alles vollgesogen. Auf jeden Fall haben un­sere Vermieter erst einmal mitten in der Nacht so eine Kiste organi­siert und alles mit Tüchern ausstaffiert. Die Kiste stellten sie in die Gästetoilette. Danach wurde mein Bett neu bezogen und ich wurde auch wieder ins Bett gebracht. Und meine Eltern waren nicht da. Die haben sich nur am nächsten Tag gefreut, dass sie junge Kätz­chen hatten.

Meine Mutter hat nicht regelmäßig gearbeitet, hat aber wohl zwi­schendurch immer ausgeholfen – als Kellnerin oder Putzfrau. Auf jeden Fall wurde wie auch immer das Geld knapp und mein Vater hat mit seiner Band beschlossen, in die Schweiz zu fahren. Ob mei­ne Eltern nun Streit hatten oder nicht, kann ich nicht sagen. Er hatte ja immer nur am Wochenende gespielt, und da kam seine Unterhaltungsmusik gut an. In der Schweiz kannte sie ja niemand und da haben sie sich dann WDR-Combo genannt und beschlossen, jetzt gehen wir mal ein bisschen in der Schweiz tingeln. WDR-Combo hatte nichts mit dem Sender zu tun, sondern bedeutete Walter, Dirk und Rainer oder so. Was für ein Zufall. Auf jeden Fall ging mein Vater in die Schweiz, ließ uns zu Hause und hat wohl auch kein Geld geschickt. Meine Mutter beschloss, nach zwei, drei Monaten hinterherzufahren. Meine Großeltern väterlicherseits hatten versucht, meine Eltern durch Gerüchte auseinander zu bringen. Mein Großvater hatte meine Mutter regelrecht beschattet. Er stand immer mit dem Auto vor unserer Einfahrt und registrierte genau, wann sie wohin fuhr, wie lange sie dort war und wann sie wieder nach Hause kam. Meine Mutter hatte irgendeinen Busfahrer kennen gelernt, mit dem machten wir einmal so eine Bustour mit. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich mich mit meiner Mutter und dem Busfahrer in dem leeren Bus befand. Ich hatte wohl auf irgendeiner der Bänke ein Nickerchen gemacht. Meine Mutter weckte mich und sagte, ich solle mal ein bisschen raus gehen zum spielen. Sie zogen am Bus überall die Gardinen zu und haben mich da rausgestellt, aber da war überhaupt nichts zum spielen. Das einzige, was da war, war ein riesengroßer Parkplatz. Kein Mensch, keine Seele, nur eine dicke Mauer. Hinter der Mauer war ein Friedhof – und da sollte ich nun raus und mal eben ein bisschen spielen. Wie das weitergegangen ist, weiß ich nicht. Auf jeden Fall war dieser Mensch so nett und hat ihr Geld gepumpt.

Ich möchte da auch nichts hineininterpretieren, was vielleicht gar nicht gewesen ist. Ich war drei Jahre. Vielleicht sind meine Erinne­rungen etwas getrübt. Meine Mutter schildert das anders: Sie sagt, wir sind mit dem zu irgendeiner Kaffeefahrt gefahren. Wir haben mit dem zusammen sogar in irgendeinem Hotelzimmer gepennt, aber ich in der Besucherritze, sozusagen als „Rammschutz“ und da wäre überhaupt nichts passiert. Vielleicht mussten sie es ja auch im Bus machen, weil ich im Hotelzimmer zwischen ihnen gepennt habe, wer weiß...

Na ja, auf jeden Fall hatten meine Großeltern halt Angst, meine Mutter könnte irgendwann mit mir abhauen zu irgendeinem ande­ren Typen. Deswegen wurde sie beschattet. Das wusste sie aber.

Irgendwann kam sie zu mir und sagte:

“So, jetzt müssen wir ganz schnell packen, jetzt müssen wir los.“ Mein Großvater war wohl gerade mal nicht zum spitzeln da. Da hat sie mich ins Auto gesetzt und wir sind in Richtung Schweiz gefah­ren. Für mich hatte sie jedoch keine Papiere. Ich hatte keinen Aus­weis und nichts, deswegen musste ich mich an der Grenze – kurz vor der Schweiz – ganz flach auf den Rücksitz legen und sie hat mich mit ganz vielen Kleidern zugedeckt. Ich sollte nicht husten. Habe ich auch nicht getan, und wir haben die Grenze mit Bravour geschafft. Es war sehr unbequem unter diesen ganzen Klamotten. Ich hatte immer das Gefühl, ich müsse jetzt husten. Ich war ein Kleinkind, und immer wenn man Kleinkinder bittet, etwas zu un­terlassen, weiß man ja, wie stark der Drang ist, es doch zu tun. Ich habe es dann aber durchgehalten, und so hat mich meine Mutter über die Schweizer Grenze geschmuggelt.

Wir haben meinen Vater im Hotel überrascht und meine Mutter hat auch sofort einen schönen Liebesbrief von dieser Tante gefun­den. Mein Vater hat dieser Frau wohl immer Gedichte geschrieben und da stand nun wohl fest, dass er wirklich fremdgegangen war. Meine Mutter ist trotzdem bei ihm geblieben und ich auch eine Zeit lang. Wir wohnten immer in Doppelzimmern, in denen ich mit ge­schlafen habe.

Nach einer Weile haben sie sich Blondie angeschafft, einen Hova­wart-Schäferhund-Mischling (ganz blond), weil meine Mutter schon immer einen eigenen Hund haben wollte. Wir schliefen also immer in einem Doppelzimmer in einem Hotel oder in einem Gasthof – je nach dem, wo die Band meines Vaters gerade spielte – mit Hund und Kind und Kegel. Meine Mutter ist, wenn mein Vater Musik machte, immer mit runter gegangen. Ich war dann abends eigentlich auch immer allein im Hotelzimmer. Ich muss zwischen vier und fünf gewesen sein. Wir hatten also diesen kleinen Blondie, der kam raus auf diesen Balkon, in diesem Hotelzimmer. Mir wurde gesagt, ich solle ihn bitte nicht reinholen und auch bitte nicht mit ins Bett nehmen. Nachdem es fürchterlich anfing zu regnen, habe ich ihn doch reingelassen. Ärger habe ich aber trotzdem nicht bekommen und es war alles in Ordnung.

Dann habe ich in der Schweiz Karneval mitgemacht, irgendwo in Bern oder Zürich war das. Daran kann ich mich eigentlich auch gar nicht mehr erinnern. Das weiß ich nur von Bildern. Ich wurde da ausstaffiert und dann gingen wir Bonbons sammeln. Ich weiß nicht wie lange ich mit meinen Eltern in der Schweiz rumgetingelt bin. Es können nur ein paar Monate gewesen sein. Irgendwann haben sie gemerkt, dass ich ihnen ein Stück im Weg bin, und sie haben ge­dacht, dass es halt besser für mich ist, natürlich nur zu meinem Bes­ten, mich auf einem Bauernhof unterzubringen. Da war diese Fami­lie, die hatten so fünf oder sechs Kinder und brauchten wohl Geld. Wir haben auf einem Dachboden geschlafen, in Etagenbetten.

Ich bin da auch in den Kindergarten gegangen. Dort waren fürch­terlich viele Nonnen, und die waren immer fürchterlich streng. Ei­nes Tages hat sich mal ein Kind während eines Stuhlkreises in die Hose gepinkelt und musste sich dafür in die Ecke stellen, ohne sich vorher frische Sachen anzuziehen zu dürfen. Das fand ich fürchter­lich ungerecht. So was kann doch immer mal passieren. Ich bin so aufgewachsen, dass man das beim Spielen ruhig mal vergessen darf, ohne dass man danach großartig Theater bekommt.

Auf dem Bauernhof hatten wir abwechselnd irgendwelche Dienste zu verrichten – also auch ich schon, obwohl ich noch so klein war. Meine Eltern zahlten 250 Mark Franken im Monat dafür, dass sie mich nahmen. Sie kamen so etwa einmal im Monat und haben mich besucht und ein paar Geschenke abgeliefert. Manchmal blieben sie eine Nacht, manchmal nur zwei, drei Stunden und dann waren sie wieder weg. So lief das dann ungefähr ein Jahr.

Ich kann mich noch an eine Episode erinnern. Ich hatte einmal einen Haushaltsdienst – Abtrocknen. Zu der Zeit kalbte gerade eine Kuh und der Sohn, der spülen sollte, durfte mit in den Stall und da­bei zugucken. Gerne wäre ich auch mit gegangen, um das zu sehen, aber die haben mich wohl noch für zu klein gehalten und wollten mich nicht mit lassen. Abtrocknen konnte ich ja nicht, weil der Sohn nicht gespült hatte. Na ja, habe ich gedacht, dann tue ich denen mal einen riesigen Gefallen und wasche und trockne schon mal ab. Das habe ich dann auch getan. Der Junge aber hat sich fürchterlich dar­über aufgeregt, dass ich ihm seinen Dienst weggenommen habe,. Er hat das wohl irgendwie echt gerne gemacht.

Dann kam Weihnachten. Ich habe schon damals nicht mehr an den Weihnachtsmann geglaubt und wusste, dass meine Eltern et­was für mich kaufen. Gewünscht hatte ich mir von meinen Eltern einen Puppenwagen. Ein paar Tage später kam auch ein dickes Pa­ket. Kurz vor Heiligabend sah ich so ein verpacktes Ding, das wur­de ins Wohnzimmer transportiert, und dann habe ich bei diesen fünf, sechs Kindern rumerzählt, dass meine Eltern mir einen Pup­penwagen schenken. Da hat sich die Familie fürchterlich drüber aufgeregt, weil ich deren Kindern irgendwie ein bisschen Weih­nachten versaut habe, indem ich erzählt habe, es gäbe keinen Weih­nachtsmann. Bei der Bescherung bin ich dann auch gleich in die gute Stube gestürmt und habe gesagt:

“Mein Puppenwagen, mein Puppenwagen! Meine Eltern haben mir einen Puppenwagen geschenkt!“

Und das fanden die nicht so toll!

Irgendwann ging es in Richtung Einschulung. Man muss sich das so vorstellen:. Ein fünfjähriges Kind, das ein Jahr in einer Schweizer Familie lebt, soll in eine deutsche Schule. Da mussten sich meine El­tern ja Gedanken machen, wie das mit der Schule laufen soll. Ich musste ja wenigsten wieder hochdeutsch lernen, bevor ich in die Schule kam. Dann haben sie also beschlossen, dass sie mich, bis ich wieder deutsch spreche, lieber von dem Bauernhof weg nehmen und erst mal zu meiner Oma schicken. Tja, und dann bin ich eben von dem Bauernhof weggenommen worden, auf dem ich mich ja auch ein bisschen eingelebt hatte, und wurde zu meiner Oma väter­licherseits nach Goslar geschickt.

High, hier ist die große Überraschung! Und meine Oma war sehr überrascht, weil ich ja kein Wort hochdeutsch mehr sprach und sie gar nicht wusste, wie sie sich mit mir verständigen sollte. Auf jeden Fall waren meine Eltern nach ein paar Tagen wieder weg, in die Schweiz, und ich war nun bei meiner Oma. Nur zu meinem Besten natürlich! Geschlafen habe ich in einem Klappbett in der Stube, in einem dieser Schrankdinger, die man ausklappen kann. So wie das wohl bei fünf, sechsjährigen ist, bin ich mit der Hand im Höschen eingeschlafen. Meine Großeltern haben das irgendwie mitbekom­men. Sie hatten wohl abends Besuch und wollten gucken, ob ich schlafe, da hatte ich mich wohl so ein bisschen bloßgestrampelt und die Hand in meinem Schlüpfer drin. Sie haben mir dann mitten in der Nacht die Decke weg gezogen und mich beschimpft, was ich für ein Kind wäre, wie unanständig und das dürfte man nicht machen.

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Und noch ein Stückchen Text

Nach zwei oder drei Tagen haben wir alle aus der Jugendgruppe eine Fete unter dem Baldachin des Hotels gemacht. Wir haben alles mit Lampions und Luftschlangen geschmückt, damit die Gruppe sich ein bisschen besser kennen lernt. Die Volljährigen, die mitge­fahren waren, hatten teilweise Zelte dabei und schliefen auf dem Campingplatz. Sie durften das auch. Solange sie sich alle zwei, drei Tage mal meldeten, war das in Ordnung. Begeistert war ich nicht, weil ich eigentlich mehr von den umliegenden Discotheken sehen wollte und dachte: „Das kann ja heiter werden.“ Dann saßen wir da auch und hatten irgendwas gegessen und irgendwelche Kinder­bowle getrunken. Es war vielleicht so 22 Uhr, da ging auf der Straße ein tierisches Gehupe los und ein tierisches Geschrei. Ich drehte mich um und dachte:

„Das kann ja wohl nicht wahr sein.“

Da kam Ralf an, mit seinem Motorrad. Er hat sich noch einen Kumpel hinten drauf gepackt, damit sie sich beim Fahren abwech­seln konnten. Und sagte:

„Ich besuche Dich jetzt über das Wochenende.“

Und stand plötzlich in Italien, in Misano, vor dem Hotel.

Erst dachte ich: „Das kann nicht wahr sein.“

Ich habe mich wahnsinnig gefreut und gleichzeitig gedacht:

„Oh Scheiße, das gibt bestimmt Ärger!“

Und die Betreuer haben überhaupt keinen Ärger gemacht. Im Ge­genteil: Sie haben sich auch gefreut. Das wäre doch mal ein super Freund, der einem bis nach Italien nachfährt. Zwar gleich mit erho­benem Zeigefinger: „Ihr könnt aber nicht in einem Zimmer schlafen. Was ihr macht, wenn ihr tagsüber zusammen seid, das geht uns nichts an, aber hier in einem Zimmer, das können wir nicht erlauben.“

Das war ja auch in Ordnung. Ralf und sein Freund hatten ver­sucht auf dem Campingplatz noch etwas zu bekommen, haben sie aber nicht. Es war alles voll. Eigentlich sollten sie auch nicht in dem Hotel schlafen. Da sie aber nichts bekommen hatten, haben die Betreuer gesagt:

„O.K.., eine Nacht, aber morgen müsst ihr schauen, dass ihr etwas anderes bekommt.“

Und dieser Patrone vom Hotel hatte noch so eine echte Besenkammer über, irgendwo auf dem Dach, und die haben sie dann bekommen. Normalerweise hätte er die nicht vermietet. Es war wirklich nur, weil sie in einer Notlage waren. Das war da unheimlich nett und ging sehr familiär ab. Wir haben dann noch ein bisschen geplaudert und gefeiert und sind dann auch einfach nur ins Bett gegangen. Ich habe mich wirklich gefreut.

Und dann am nächsten Tag mussten wir ja irgendeine Regelung für das Motorrad finden. Frank, genannt Stecher, und meinen Ralf nannten sie in dieser Clique Vierauge, weil er eine tierisch dicke Brille auf der Nase hatte. “Glasbausteine!“ Na ja, auf jeden Fall bin ich, als die Betreuer mit den anderen unterwegs waren, zu Ralf ins Zimmer gegangen. Es war ja nicht mehr Nacht, und wir haben dann erst mal unser Begrüßungsnümmerchen gemacht. Und gleich nach diesem Begrüßungsnümmerchen habe ich mich dann mit Ralf ge­stritten, weil ich gesagt habe:

„Mein Gott, ich hätte dafür jetzt auch fürchterlichen Ärger be­kommen können.“

Es war ja gut gegangen, aber Ralf sagte, er wolle versuchen ob sie das Zimmer noch eine Nacht behalten könnten und ich sagte : „Das möchte ich nicht! Sucht Euch was anderes draußen.“

Die Betreuer hätten mich ja auch zurückschicken können. Das wollte ich ja nicht, und ich war froh, dass sie das alles so locker sa­hen. Ralf regte sich fürchterlich auf:

„Jetzt wollte ich Dir eine Freude machen und nun ist Dir das auch wieder nicht recht.“

Er schmiss vor Wut das offenstehende Fenster zu. Wie sollte es auch anders sein, ging dabei die Scheibe zu Bruch und er schnitt sich den ganzen Handballen auf. Es blutete wie Sau! Und ich sagte: „Das hast Du ja wieder toll gemacht: Erst bekommst Du hier ein Zimmer, dann demolierst Du die Scheibe, und jetzt siehst Du auch noch so aus, echt Klasse!“

Wir haben dann den Patrone geholt und haben ihm erklärt, Ralf wäre beim Fenster schließen mit der Hand abgerutscht und hätte dabei die Scheibe kaputt gemacht. Auf jeden Fall haben wir ver­sucht, es ihm begreiflich zu machen, denn er sprach ja auch nicht gerade besonders deutsch. Na ja er nahm es erstaunlich locker und meinte, das wäre alles nicht so schlimm, aber wir müssten ja wohl erst mal zum Arzt. Wir hatten Handtücher um die verletzte Hand gewickelt, aber es suppschte schon wieder durch. Er erklärte uns den Weg zum Arzt, der nur 5 Minuten entfernt war. Und genau zu dem Zeitpunkt ging ein tierisches Gewitter los. Es hat gegossen wie aus Kübeln – das kann man sich überhaupt nicht vorstellen! Wir ka­men dann völlig durchnässt bei diesem Arzt rein und sie zogen uns auch gleich vor, weil Ralf so tierisch blutete. Sie führten uns in eine Dunkelkammer, also so ein fensterloses Zimmer, und da sollte Ralf sich dann auf so eine Pritsche legen. Na ja, der Arzt kam rein und das Licht ging immer an und aus. Bei jedem Donner oder Blitz­schlag hatten sie wohl irgendwelche Stromstörungen. Das mit dem Untersuchen klappte noch, aber zum Nähen ist er nicht mehr ge­kommen. Ralf musste aber genäht werden. Nur im Dunkeln war das ja schlecht. Irgendwann kam dann eine Sprechstundenhilfe und drückte mir eine Taschenlampe in die Hand. Das hört sich total be­scheuert an, aber es stimmt ehrlich. Ich stand da mit der Taschen­lampe in der Hand und habe dem Arzt geleuchtet und in diesem Taschenlampenlicht hat er dann Ralf genäht.

Na, als wir das hinter uns hatten, sind wir zurückgegangen. Die beiden haben ihr Zimmer geräumt und wollten sehen, ob sie viel­leicht doch noch etwas auf dem Campingplatz bekommen würden. Sie haben auch etwas bekommen. Sie konnten sich sogar ein Zelt dort mieten, denn das hatten sie auch nicht mit. Es war alles gar kein Problem Am ersten Tag sollte Stecher das Motorrad haben und am zweiten Tag sollten wir die Maschine bekommen und dann mussten sie ja auch wieder zurückfahren. Und als das mit dem Nä­hen passierte war Frank schon unterwegs und er hatte Svetlana mit­genommen – die Jugoslawin, mit der ich dort war. Sie fuhr auch wahnsinnig gerne Motorrad. Ich weiß nicht, ob das heute noch so ist, aber damals gab es in Italien noch keine Helmpflicht, und das machte natürlich noch mehr Spaß, wenn der Wind so richtig durch die Haare strich. Nur hatten wir Mädchen nichts davon, denn die Jungs fuhren ohne Helm und bestanden darauf, dass wir Mädchen ihren Helm trugen. Also waren sie schon recht vernünftig. Obwohl ich auch ganz gerne ohne Helm gefahren wäre, fand ich die Ent­scheidung der beiden Jungs echt Klasse. Na ja, die beiden kamen zurück und hatten einen absolut traumhaften Tag.

Gegen Abend haben wir dann beschlossen, dass die Jungs uns ja auch eigentlich abholen könnten, denn die Betreuer mussten ja auch irgendwann schlafen gehen, und das Hotel war die ganze Nacht of­fen. Sie würden ja wohl nicht die ganze Nacht rumlaufen um ir­gendwelche Kontrollen zu machen. Haben sie aber!!! Es war also so, dass die Leute, welche noch nicht volljährig waren, um eins zu Hause sein mussten. Wir beschlossen dann, dass die Jungs uns um halb Zwei oder Zwei abholen sollten, weil wir davon ausgingen, dass dann im Hotel Ruhe eingekehrt war. Wir waren dann mit den beiden aus und haben uns ganz normal nach Hause bringen lassen, sind auch ins Bett gegangen, so wie sich das gehört. Irgendwann hörten wir dann Motorräder. Das war ja Gang und Gebe, da fuhren ja lauter Vespas rum. Wir gingen dann raus. Stecher hatte sich von einem auf dem Campingplatz eine Vespa geliehen. Sie kamen also mit zwei Maschinen. Svetlana sprang bei Stecher auf und ich bei Ralf. In dem Moment greift mich eine Hand von hinten und eine Stimme sagt:

„Na, na, na – Du wirst doch wohl nicht abhauen.“

Svetlana und Frank waren schon weg und ich wurde erwischt. Ralf wurde weggeschickt und zu mir hieß es, wir würden morgen reden, ich solle erst mal ins Bett gehen.

Am nächsten Tag wurde mir gesagt, sie hätten mit dem Heim te­lefoniert und hätten Lust, mich nach Hause zu schicken, weil: Mir könnte man nicht vertrauen. Oh man, das war ein beschissenes Ge­fühl, genau zu wissen, wenn ich wieder nach Hause komme, gibt es noch richtig Ärger. Die Erzieher vom Heim hatten gesagt, sie sollten es noch einmal mit mir versuchen, weil die Kosten sonst zu hoch wären und man ja auch nie wüsste, ob ich abhaue, wenn sie mich zurückschicken. Ich sollte aber jetzt während der gesamten Zeit im Hotel bleiben, kein Ausgang mehr. Ralf könnte mich gerne besu­chen, wir könnten uns auf die Terrasse sitzen, aber nicht mehr weg­fahren. Na toll, dachte ich, der Urlaub war ja wohl gelaufen.

Am nächsten Tag hatte also Frank die Maschine wieder, weil wir ja eh nicht weg konnten, und Ralf besuchte mich im Hotel. Das war alles ganz schön scheiße! Ralf ging dann zwischendurch auch mal weg, denn er wollte ja auch etwas sehen. Er hatte ja nur drei Tage Urlaub! Ich bin zu den Betreuern gegangen und habe gebettelt, habe gesagt, dass es Mist war, was ich da getan habe, und dass ich das auch nie wieder tun würde. Aber nein, sie blieben hart. Am nächs­ten Tag nach dem Frühstück kamen die Betreuer dann und sagten: „So, Strafe beendet!“ Es war von vornherein klar, dass ich nur einen Tag Hausarrest bekommen sollte, aber sie wollten es mir nicht so leicht machen, mir ein bisschen Panik machen. Oh, was habe ich mich gefreut. Ich habe dann auch versprochen, dass ich keine Schei­ße mehr baue, habe ich auch wirklich nicht. Auf jeden Fall nichts, von dem sie etwas gemerkt hätten. Ralf und ich setzten uns dann auf das Motorrad und wir sind Richtung Catholica gefahren. Das ist ein kleiner Ort an einem Berg hinter Misano, mit viel Natur und wenig Tourismus. So habe ich es auf jeden Fall empfunden. Das war wahnsinnig toll. Das war ein Geruch, den ich nicht so gut definieren kann, weil ich mich in der Pflanzenwelt nicht so auskenne. Ein Geruch nach ganz vielen fremden Blumen. Es roch so herrlich süß, wie Honig. Wir fuhren den Berg hoch, bis es nicht mehr weiter ging. An einer Steinmauer hörte der Weg plötzlich auf. Und wenn man über diese Mauer schaute, sah man Steilküste, grün bewachsen und unten ein ganz kleines Fleckchen Strand und Meer – einfach Meer, so glasklar, wie wir es ein paar Kilometer weiter am Strand nicht hatten. Dieser Geruch. Und von hinten kamen die Geräusche eines Bauernhofes. Die hatten wohl eine Feier. Man hörte das Klingen der Gläser. Der Bauernhof war vielleicht einen Kilometer weg. Man konnte ihn ganz klein sehen und diese paar Geräusche hören. Das alles zusammen war wie ein Aphrodisiakum. Wir legten uns ins Gras und liebten uns. Nach zwei Stunden sind wir frisch verliebt zurück gefahren nach Misano, und das war erst mal überhaupt das Erlebnis schlechthin. Er hat mich dann wieder im Hotel abgeliefert, und am nächsten Tag sind die beiden dann wieder nach Hause gefahren. Ich hatte dann meinen Urlaub allein. Wegen meinem eiternden Knie habe ich mich mehr auf der Hotelterrasse als am Strand aufgehalten. Und da liefen dann schon mal so Jungs rum, die Freikarten für die Discotheken verteilten. Die Mädchen bekamen die Freikarten und die Jungs sollten dann eben bezahlen. Ich fand das ganz praktisch und konnte gar nicht genug Karten bekommen, und so lernte ich Danillo kennen.

Mit ihm habe ich mich dann so ein bisschen verplaudert. Er sprach ganz gut englisch, auf jeden Fall verständlich für mich. Wir haben uns dann verabredet. Das heißt, bevor ich ihn kennen lernte, war ich noch in einer Diskothek. So etwas habe ich auch noch nicht erlebt: Alles aus weißem Marmor. Die hieß Bobo. Von außen sah sie aus wie eine spanische Hazienda, alles in weiß. Die Tanzfläche war aus Glas und von innen bunt beleuchtet, eine wahnsinnige Theke auch aus Glas und bunt beleuchtet. Die Cocktails in allen Farben übereinander schillernd. Ich kannte zwar Longdrinks, aber Cock­tails hatte ich noch nie gesehen. Es war einfach wunderschön und der Hammer war: Um diese Tanzfläche herum standen Bistrotische und weiße Hollywoodschaukeln, und wenn man nach oben schau­te, sah man die Sterne, weil diese Diskothek kein Dach hatte. Das war Wahnsinn, bei Regenwetter abzuschreiben, aber Wahnsinn. Nach hinten raus konnte man auch noch zum Strand, man konnte zwischendurch schwimmen gehen und dann im Bikini zurückkom­men und tanzen. Das war ein Traum. So etwas hatte ich noch nicht gesehen und habe ich auch nie mehr gesehen. Das war mit den Düs­seldorfer Discotheken gar nicht zu vergleichen. Wunderschön, aber schweineteuer. 20 Mark Eintritt allein schon und dafür hatte man einen Drink frei. Das konnte ich mir nicht leisten. Die Diskothek mit den Freikarten, dachte ich, ist vielleicht nicht so schön, aber da kom­me ich wenigstens kostenlos rein. Danillo hatte mir versprochen, dass er mich an die Hand nimmt, wenn ich komme. Und weil wir uns am Nachmittag so nett unterhalten hatten, hat er das auch ge­macht. Ich bin da abends aufgetaucht und er stand bei dem Türste­her. Er war immer mal beim Türsteher, mal an der Theke, er hat da wohl so ein bisschen den Aufpasser in dem Laden gemacht. Mich hat er gleich an die Hand genommen und runtergezerrt – die Disko­thek war im Keller – sich mit mir an die Theke gesetzt und sofort gefragt, was ich trinken will. Da war ich schon mal gut aus dem Schneider. Ich habe mir dann eine Cola ausgeben lassen, weil ich nicht gleich so unverschämt sein wollte, einen teuren Longdrink zu bestellen. Es war ein sehr schöner Abend. Es stellte sich raus, dass Danillo ein wahnsinniger Tänzer war. Die Italiener hatten schon da­mals diese Bewegungen raus, wie man sie heute beim Hipp-Hopp sieht.

Ich habe mich gar nicht recht getraut, überhaupt zu tanzen, weil die italienischen Jungs so eine Show abzogen. Man war es ja gar nicht gewöhnt, das Jungen überhaupt tanzten. Welcher Junge tanzte denn bei uns mal mit. Bei uns in Deutschland waren doch meist nur die Mädchen auf der Tanzfläche. Und dann die Italienerinnen, oh mein Gott, eine hübscher als die andere, sodass ich mir schon fast wieder ein bisschen minderbemittelt vorkam, weil ich ja von meiner Optik noch nie so richtig überzeugt war, und auch noch nicht bin. Es war auf jeden Fall schön und Danillo brachte mich pünktlich um eins nach Hause. Wir haben uns dann für den nächsten Tag am Strand verabredet. Er sagte, er wäre auch kein großer Strandlieger. Das fand ich schon mal ganz gut. Am Strand war so eine kleine Bar – eine Art Imbiss mit Holztischen und Bänken. Dort haben wir dann etwas getrunken. Dann kam noch ein Mädel dazu, sie hieß Marcella. Sie hat sich ihm gleich an den Hals geworfen, mehr so freundschaftlich, aber ich kam mir trotzdem ein bisschen verarscht vor, weil ich dachte, er will etwas von mir. Sie holte sich dann ein Getränk, das bestand aus lauter zerstoßenem Eis und war mit einer Art Zitronensirup aufgefüllt. Das schmeckte absolut geil. Das habe ich dann von ihr probiert und für den Rest des Urlaubs nur noch getrunken. Die ganze Zeit. Ohne Alkohol, eine unheimlich erfrischende Sache. Ich habe mich dann ein bisschen mit Marcella unterhalten. Sie war sehr nett.

Danillo wohnte mit seinen Eltern auf dem Campingplatz. Sie machten dort jeden Sommer mehrere Wochen Urlaub, und in dieser Zeit arbeitete er dann für diese Diskothek. Er kam aus Rom, hatte da auch eine Freundin, mit der natürlich alles mal eben zu Ende war, wie immer. Er hat mich dann auch mitgenommen zu seinen Eltern auf den Campingplatz. Wir haben da gegrillt – die Südländer fahren ja immer so unheimlich auf. Sie haben mich gleich begrüßt, als ob ich zur Familie gehörte und mich mit ihren leckeren Sachen und ihrer Gastfreundschaft verwöhnt. Seine Mutter war so eine richtige Big Mama, mit Hallo und Herzlich Willkommen. Es war wirklich Klasse. Danillo musste zwar immer übersetzen, aber ich habe mich so richtig akzeptiert gefühlt. Das war halt mal wieder so ein Stück Familie, welches ich ja schon längere Zeit nicht mehr hatte. Und ich dachte, wenn Danillo nichts an mir liegen würde, dann würde er sich ja nicht den ganzen Tag mit mir absabbeln und mich mitschleppen. Und irgendwo hatte ich mich da schon ein bisschen in ihn verguckt. Diese Marcella war auch wahnsinnig nett und hat sich viel um mich gekümmert und viel mit mir unternommen. Ich war dann auch jeden Abend in dieser Diskothek und habe die beiden dort wieder getroffen und die Tage auch weiterhin mit ihnen verbracht. Durch die beiden lernte ich immer mehr Italiener kennen. Der Neid einiger Gruppenmitglieder lag auf mir, weil ich gleich so viel Anschluss an die Einheimischen hatte. Irgendjemand erzählte mir dann, Danillo hätte mal gefixt, an der Nadel gehangen. Ich wollte ihn unbedingt beeindrucken und habe meine Spielchen gemacht. Damit er auf mich aufmerksam wird und mich nicht mehr behandelt wie so einen blöden Kumpel, habe ich mir dann eine Stecknadel genommen und mir die Arme angeritzt, damit es so aussieht, als ob ich einen Einstich hätte. Ich dachte, ich könnte mich dadurch ein bisschen interessanter für ihn machen und er würde sagen: „Ach Du Arme!“ Sich dann quasi über das Mitleid in mich verlieben. Ich hatte damals schon „Wir Kinder vom Bahnhof Zoo“ gelesen gehabt und wusste, wenn man das Zeug nicht regelmäßig bekommt, kommt man auf Turkey und hat diese tierischen Entzugserscheinungen mit Zittern und Schweißausbrüchen. Das wurde da ziemlich realistisch geschildert. Und ich hab das dann alles korrekt und getreu versucht nachzuspielen. Ich habe dann angefangen, Geschichten zu erfinden, dass ich ja nur in Italien wäre, um von der Nadel loszukommen und mich wirklich fürchterlich lächerlich aufgespielt. Wie das eben so ist, wenn ein pubertierendes Mädchen jemanden nicht bekommt, den sie haben will. Irgendwas muss man sich da ja ausdenken. Er ist dann auch mit mir am Strand spazieren gegangen und hat mich geküsst, als ich auf einer dieser Strandliegen lag. Als ich dann sagte, dass ich mehr wolle als ihn zu küssen, sagte er: „Aber ich nicht!“ Ich habe das überhaupt nicht verstanden. Er sagte, ich wäre erst fünfzehn und das wäre zu früh und er wollte unsere Freundschaft dadurch nicht kaputt machen. Ich konnte das überhaupt nicht glauben – weil mich doch jeder nur vögeln wollte – dass da plötzlich jemand war, der einfach nur Wert auf meine Freundschaft legte, der gar nicht an meinem Körper interessiert war. Das war völlig grausam für mich. Irgendwann saß ich dann mal wieder in diesem Strandimbiss. Draußen auf den Bänken und nebenan im Sand saßen so zwanzig Meter weg davon auf dem Boden verteilt zehn oder zwölf Italiener. Nur Typen. Alle saßen im Kreis im Schneidersitz, einer hatte einen Sack zwischen den Beinen. So einen, wo die Heringe zum befestigen eines Zeltes reinkommen. Er holte immer irgendwas da raus und drehte es in eine Zigarette.

„Man“, habe ich gedacht: „der hat den ganzen Sack voller Ha­schisch! Das kann ja nicht wahr sein!“

Das habe ich sofort geschnallt, weil sie diese richtig dicken Tüten rumgehen ließen, so mit sechs Blättchen gebaut. Und ging eine Tüte rum, baute der mit dem Sack schon wieder die nächste. Ich habe dann immer da rüber gegafft, damit sie auf mich aufmerksam wur­den. Und irgendeiner hat dann auch gesehen, dass ich so gaffe und hat mich dann rübergewinkt. Ich bin auch hingegangen und er frag­te, ob ich auch mal ziehen will. Ich sagte:

„Na klar!“

Und er meinte, ich solle mich dazusetzen. Und dann habe ich da zwischen diesen Typen gesessen. Alles nur Männer. Und wesentlich älter als ich. Die waren so zwischen achtzehn und dreißig. Ganz an­ders drauf auch! Und dann sagte dieser Obermacker, der diesen He­ringssack zwischen den Beinen hatte:

„Dich rauche ich jetzt unter den Tisch!“

Und ich sagte:

„Das kannst Du ja mal versuchen!“

Sie hatten ein Haschisch, das habe ich noch nicht gesehen, das war nicht gepresst. Wenn er etwas aus seinem Sack nahm, konnte er es richtig ausdrücken, sodass noch das Öl raus lief. Das war so rich­tig in Rohform und noch nicht gestreckt. So eine richtig klebrige Masse, echt super. Ich habe dann so zwei-, dreimal gezogen und dachte: „Scheiße, was ist das denn?“

Das ging so in den Kopf, wie ich das von diesen gepressten Plat­ten gar nicht gewöhnt war. Ich hatte seit zwei Tagen nichts mehr ge­gessen, weil ich mal wieder auf einem Abnehmtrip war.

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Und noch ein Stückchen Text

Die Wintersaison neigte sich dem Ende zu. Und im Sommer ist ja im Harz, was Skitourismus angeht, auf jeden Fall nicht so viel los. Da sind dann eher so Berliner, die den Harz bevölkern, aber die be­völkern ja eigentlich alles. Arno und ich beschlossen, auf Saisonar­beit zu gehen, und er besorgte uns einen Job in Dahme an der Ost­see für den Sommer. Wir hätten auch im Harz bleiben können, aber das wäre langweilig gewesen, und Arno wollte sich auch verän­dern. Er kannte in Dahme jemanden, bei dem er schon zweimal im Sommer gearbeitet hatte. Er hatte zwei Kneipen. Ihm gehörte so ein ganzer Gebäudekomplex mit Läden und Kneipen und was weiß ich nicht alles. Er hatte bis auf die beiden Kneipen, die er selber bewirtschaftete, alles verpachtet. Arno sollte in dem einen Laden arbeiten – dem Schiffchen, und ich in dem anderen – der Strandklause. Es war ein paar Tage vor der Abreise und ich war auch total aufgeregt, und dieser Freund von Sybille baggerte mich immer wieder an und sagte dann zu mir:

„Ich werde Dir noch zeigen, das das nicht weh tut.“

Und mehr aus Spaß bin ich dann mal zu ihm gegangen und wir haben rumgealbert und rumgewitzelt, und plötzlich klingelte es an der Tür. Und da stand Stefan vor der Tür. Stefan war der Sohn von Arno. Nicht sein leiblicher, aber Sybille hatte ihn mit in die Ehe ge­bracht und Arno hatte in adoptiert. Stefan war zwölf. Er stand vor der Tür und wollte Sybilles Freund besuchen. Er hatte aber gerade geduscht und nur einen Bademantel an. Wenn Stefan mich jetzt in der Wohnung gesehen hätte, wäre klar gewesen, was dabei rausge­kommen wäre. Und ich wollte ja ein paar Tage später mit Arno ab­hauen. Das Theater hätte ich nicht erleben mögen. Er ging auch im Bademantel an die Tür, machte die Tür nur einen Spalt auf und sag­te, er hätte keine Zeit und müsse sofort weg. Das war Stefan nicht gewohnt. Er konnte den Freund seiner Mutter immer besuchen, auch wenn er nackt war. Er ließ ihn immer rein.

„Gut“, sagte Stefan „dann gehe ich eben mal rüber zu Carla!“ Scheiße!

„Ja, mach das“, sagte Sybilles Freund und machte die Tür wieder zu. Stefan dackelte ab und ich dachte, da es sowieso schon in die Hose gegangen ist, können wir es auch gleich ausprobieren. Das ha­ben wir dann auch gemacht. Er hat mit mir geschlafen. Und er hat das dann auch mal versucht, da hinten rein. Das Ding war, er hat also wirklich einen ganz, ganz mini Kleinen gehabt, und das hat wirklich nicht weh getan, mit viel Vaseline und so. Aber das war auch wirklich ein Ding, so dünn wie mein Ringfinger. Das war nicht so schlimm. Und Arno war jemand, der wieder etwas stärker gebaut war, 22cm und was weiß ich. Schon so ein bisschen heftiger. Das hätte ich nicht gemacht. Ich bin dann nach dem Nümmerchen ganz schnell nach Hause gegangen, habe mich ins Bett gelegt und mit meinem schlechten Gewissen gekuschelt. Ich hatte erst geduscht – natürlich – und bin dann auch eingeschlafen. Und dann kam Arno nach Hause und fragte, wo ich den Nachmittag über gewesen sei. Ich sagte: „Ich habe den ganzen Nachmittag über im Bett gelegen und ge­schlafen. Da hat auch irgendjemand geklingelt, aber ich habe gar nicht die Tür aufgemacht.“

„So“, sagte er. „Das ist aber komisch.“

„Wieso?“

„Stefan ist hintenrum gegangen und die Balkontür war auf. Da ist er dann reingeklettert, weil er sehen wollt,e warum keiner auf macht. Und hier war keiner. Die Wohnung war leer.“

„Lass mich doch in Ruhe mit der Scheiße!“

Ich war voll ertappt.

„Ich habe da keinen Bock drauf. Was bildet der sich eigentlich ein, hier einfach reinzuklettern.“

„Wo warst Du denn?“

„Ich war mal kurz bei Sybilles Freund und habe mich verabschie­det und dann war ich wieder hier!“

„Ach so, das hat Stefan schon vermutet“, sagte Arno.

„Das ist ja toll, was Ihr so alles vermutet!“

Und dann war das Thema aber auch erledigt. Er ist da gar nicht weiter drauf eingegangen. Und zwei Tage später sind wir abgefah­ren. Sybille war sehr distanziert. Sie hat mich auch nicht in den Arm genommen bei unserer Verabschiedung, was sonst so ihre Art war. Ich glaube, sie wusste alles. Vielleicht auch durch ihren Sohn, wie auch immer. Wir sind dann abgezockelt Richtung Dahme. Arno und ich hatten keinen Führerschein. Wir haben uns von einem seiner Bekannten da runter fahren lassen. Was denn dann auch hieß, ich musste hinten sitzen, und ich habe ein Problem wenn ich hinten sitze. Mir wird fürchterlich kotzübel. Vorne alles kein Ding, aber wenn ich hinten sitzen muss, habe ich ein echtes Problem.

Ich wusste mal wieder gar nicht was auf mich zu kam, aber das war mir auch völlig Wurscht. Es war wieder mal ein Stück Abenteu­er. Und ich war ja nicht allein. Ich war ja mit Arno zusammen. Wir sind dann in Dahme gelandet. In diesem Gebäudekomplex, in dem wir arbeiten sollten, war auch ein Imbiss. In den haben wir uns erst mal reingesetzt. Ich war völlig verpennt und maddelig und mir war schlecht nach dieser ganzen Autofahrt. Arno hatte die ganze Fahrt über gesoffen. Dosenbier – immer noch eine Dose! Der war schon völlig zu als wir da ankamen. Und ich hatte mir vorgestellt, dass ich meinem fremden Chef, den ich gar nicht kenne, nicht allein gegen­überstehe. Arno war völlig alle und zu, und mit seiner Hilfe war nicht zu rechnen. Ich konnte noch nicht mal an einem Bier nippen, weil mir von der Autofahrt so schlecht war. Und ich fror. Mir war so kalt! Scheiß Wetter gewesen da oben in Norddeutschland! Und wir sind nachts gefahren und waren morgens um 9 Uhr da. Dieser Imbiss hatte regulär noch gar nicht auf. Aber alle Leute kannten Arno und haben ihn begrüßt:

„Toll, dass Du wieder da bist.“

Sie haben dann irgendwelche Geschichten von den Vorjahren ausgetauscht und ich habe mich nach meinem Bett gesehnt. Dieser besagte Chef – Paul Meyert – kam dann auch irgendwann runter und sagte:

„Ihr wohnt dann bei der alten Läthil. Da habt ihr ein Doppelzimmer.“

Arno wusste, wo das war, und wir haben uns dann mit unseren Sachen da runter fahren lassen und sind da eingezogen. Und das war eine Bruchbude oberster Kajüte! Das war so ein altes Mansar­denzimmer mit einem riesigen alten Doppelbett. Die waren ja frü­her echt größer und höher. Federbetten und Federkissen – wenn man darin schlief, hatte man oben nur so Pluderkram und unten die ganzen Federn an den Füssen. Und es roch so muffig wie bei meiner Urgrossmutter in der alten Wohnung. So wie ranziger Speck! Ein Tisch, ein Clubsessel und so eine ganz ätzende alte Stehlampe, so mit Blümchen. Es war wahnsinnig eng und wir hatten kaum Schränke für unsere Klamotten. Wir hatten eine ganz kleine Küche, ein Tisch, zwei Stühle und ein Zweiplattenkocher, ein Kühlschrank und eine kleine Spüle mit einem Becken. Das war es. Und dafür sollten wir von unserem Gehalt pro Person 300 Mark zahlen. Und gestunken hat diese Bude, ih, pfui! Dann habe ich erst mal ausge­schlafen. Am nächsten Tag lernte ich dann den Laden kennen, in dem ich arbeiten sollte. Das war die Strandklause in Dahme. Dahme war noch eisig kalt. Es war kurz nach Ostern. Die Gäste, die kamen, waren zumeist Einheimische. Es war ein schöner Laden, ein Bier­pub. In diesem Lokal war nur eine Theke. Um diese Theke herum waren 25 Hocker, und dahinter konnten noch mal 25 bis 30 Leute stehen. Alles von der Theke aus zu bedienen und ganz praktisch. Mir gefiel es. Arno arbeitete im Schiffchen, ganz in Mahagoni gehal­ten, mit Messingbeschlägen, eben wie ein Schiff aufgemacht, ganz edel – und es wurde dazu passend auch noch Guinness verkauft. Arno sollte zusammen arbeiten mit einem anderen Arno. Arno und Arno, das war schon bekannt.

Paul Meyer, mein Chef, kam aus der ehemaligen DDR. Er war so 1 Meter 60 groß und 1 Meter 50 breit. Er ging gerne in die Luft wie ein HB-Männchen und schrie ganz gerne mal rum. Arno hatte ihm erzählt, ich hätte noch nicht all zu viel gemacht, aber ich lerne ganz schnell. Das wäre kein Problem. Und darauf hin hatte er mich ein­gestellt. Er hatte die Katze im Sack gekauft. Herr Meyer wollte mich einarbeiten. Das Problem war nur, ich hatte ihn quer über den Hof schreien hören, wie er jemanden zusammenschoss, und jetzt hatte ich schon so ein bisschen Panik vor ihm. Es waren ja Gäste da bei diesem Einarbeiten. Ich ging zu ihm hinter die Theke und er stellte mich allen ganz locker als Carla vor und erzählte, dass ich die Som­mersaison machen würde. Dann hatten irgendwelche Gäste zwei, drei Kippen im Aschenbecher, da sagte er zu mir:

„Warum machst Du die Aschenbecher nicht leer!“

Das waren ja so Feinheiten, die ich gar nicht gelernt hatte. Am Kellnerbuffet musste ich es nicht, und in der Diskothek hatte sich keiner darum gekümmert. Das waren eh nur 18-jährige. Da sind die Ascher eben übergequollen. Das hatte ich ja gar nicht gewusst, dass man Ascher auch leeren muss. Immer, wenn Herr Meyert mir etwas sagte, bekam ich vor den Gästen einen roten Kopf. Hinter der Theke waren Hohlbohlen, sodass man immer größer war als die Gäste. Sie konnten einen immer sehen – egal, wo man stand. Wie auf dem Prä­sentierteller! Also habe ich immer versucht zu vermeiden, dass er mich kritisieren muss, und aufgepasst, dass ich vorausschaue. Ich habe versucht, mich im Hintergrund zu halten, aber das war nicht möglich, weil die Theke ja rundherum ging. Man stand immer in der Mitte der Gäste. Und es war nur ein Gang, der vielleicht einen Meter breit war. Es gab keine Möglichkeit, sich den Gästen zu ent­ziehen. Das waren ja auch keine 18-jährigen Gäste mehr, Das waren Urlaubsgäste zwischen 25 und 70. Das waren Leute, die wollten über Politik oder Fußball reden oder über ganz andere Themen, über Alltägliches. Die wollten ihr Bier mal eben zwischen Strand und spazieren gehen trinken. Sie hatten Ansprüche. So ganz fit war ich in solchen Sachen natürlich nicht. Herr Meyert merkte schon nach einer halben Stunde, dass ich immer unsicherer wurde. Er sag­te:

„Kannst Du mal die Gläser spülen.“

Ich nahm das erste Glas und stülpte es über die Spülbürste und es ging mir kaputt. Es ging alles in die Hose. Ich blutete. Da nahm er meinen Finger, hat mir ein Pflaster auf die Schnittstelle gemacht, schaute zu den Gästen und sagte:

„Also so eine Scheiße hier, so eine Scheiße, das halte ich hier nicht mehr aus. Ich hau hier ab.“

Sprach’s, ließ mich allein hinter der Theke und verschwand aus der Kneipe. Er war weg und ich stand da allein. Erst ging mein Herz rasend schnell. Ich dachte, er wäre total sauer und er würde gleich wieder kommen und mich rausschmeißen. Ich habe lange da­für gebraucht, um zu schnallen, dass er raus ging, weil er gemerkt hat, dass ich total unsicher wurde, weil er da war. Er wollte sich ein­fach einen netten Abgang verschaffen. Und die Gäste, die ihn kann­ten, haben auch alle gelacht, als er ging. Aber dafür habe ich wirk­lich Wochen gebraucht. Ich hatte Angst vor ihm.

Er kam dann abends wieder und setzte sich mit seiner Frau vor die Theke und ließ sich von mir bedienen. Den ganzen Nachmittag war ich beim Arbeiten locker gewesen und alles klappte super. Mir ging auch nichts mehr kaputt und ich konnte mich locker mit den Gästen un­terhalten. Als er dann mit seiner Frau kam, war ich wieder schlagar­tig unsicher. Er und seine Frau haben sich dann unterhalten und ha­ben so getan als ob sie mich gar nicht beobachten, und ich musste ja auch weiterarbeiten. Der Laden war ziemlich voll und er sah dann wohl, dass ich mich in den 5 Stunden unheimlich schnell zurechtge­funden hatte. Ich wusste, wo alles stand, habe die Sachen auf der Kasse sehr schnell gefunden.

Das mit den Aschern hatte ich mir ge­merkt, vor allem bei den beiden. Ich bin nach jeder Kippe hingegan­gen und habe den Aschenbecher geleert. Das Ende vom Lied war: Ich machte den Laden allein und es war alles gar kein Problem. Ich bekam nach einiger Zeit auch ein bisschen Routine, und mit Paul Meyert sollte ich auch gar nicht zusammenarbeiten. Zur Sommer­saison hin sollte ich noch einen Kollegen bekommen. Er sollte einen Monat später eintreffen. Essen gingen Arno und ich immer in dem Imbiss in der Passage. Die kochten auch immer ein Mittagsmenü. Zum Kochen hatten wir keine Gelegenheit, denn wir hatten eine Siebentagewoche. Das ging immer von morgens um 9 Uhr 30 bis 14 Uhr und von abends um 18 Uhr bis 1 Uhr oder 2 Uhr – je nachdem, was los war. Der andere Kollege sollte die Schicht von 14 Uhr bis 18 Uhr machen, ging dann noch mal eine halbe Stunde essen und machte dann bis Feierabend, weil er ja ausschlafen konnte. Nach einer Woche wechselten die Schichten. Es war aber trotzdem immer eine Marathontour. Wenn ich nachmittags frei hatte, bin ich nicht zum Strand gegangen, sonder habe mich hingelegt und habe geschlafen, weil ich so viel Schlaf nachzuholen hatte. Ich hatte in den ersten Tagen – auch wenn wenig zu tun war – immer schon zwischen 50 Mark und 100 Mark Trinkgeld. Das war immer Schnitt. Ich wurde dann ja auch lockerer und habe auch mal was mitgetrunken. Bacardi-Cola zu der Zeit. Mit Paul und Hertha Meyert habe ich mich sehr gut verstanden. Sie hatten einen kleinen Sohn, der hühnerte da öfter mal rum, denn sie wohnten ja direkt oben drüber. Sie kamen öfter mal rein, um einen Bacardi mit mir zu trinken. Ich war halt immer für einen lustigen Spruch zu haben.

Jetzt bahnte sich das aber schon so an, dass – wenn Paul Meyert etwas über mich zu motzen hatte – er zu Arno ging, und umgekehrt: hatte er Probleme mit Arno, ließ er sich bei mir aus. Das war etwas, dass mir überhaupt nicht passte. Dann war da noch jemand, der machte die Kneipen sauber und füllte die Getränke auf. Er war Hausmeister für den ganzen Komplex. Er konnte schlucken wie ein Specht und war über 2m groß, aber auch wahnsinnig breit. Ein ganz stabiler Kerl und Nazifan. Er schwärmte von der Nazizeit und von Hitler bis zum Umfallen. Er war in Arno seinem Alter. Mir passte an ihm dieser Nazifanatismus nicht. Er hieß Sebastian, Totti. Ich machte meine Sache gut. Die Saison sollte bald anfangen und er fing an, sich immer öfter über mich zu beschweren. Deswegen, weil: Wenn er um 9 Uhr morgens sauber machte und ich rein kam, um die Theke zu putzen, würde ich nicht guten Morgen sagen und mich nicht mit ihm unterhalten. Ich wäre ein ganz arrogantes Stück. Das hörte ich von Arno, der sich sehr gut mit ihm verstand, und er hatte es von Paul Meyert, der ihn bat, mit mir darüber zu reden. Das war ein Ding, was ich mal wieder überhaupt nicht verstand. Ich sagte zu Arno:

„Weißt Du, ich bin morgens um 9 Uhr noch so müde, und wenn ich jetzt noch eine halbe Stunde habe, bis die Gäste kommen, warum soll ich mich dann absabbeln mit Totti, wenn ich das doch schon den ganzen Tag mit den Gästen machen muss. Und wenn ich so müde bin, dass ich kaum die Augen auf bekomme, vielleicht habe ich ihn ja manchmal auch gar nicht gesehen.“

Das war keine Unfreundlichkeit. Vielleicht war es ja unfreundlich, aber er hat da sauber gemacht und die Getränke aufgefüllt, und ich habe es nicht als meine Pflicht angesehen, mich mit ihm abzusab­beln. Wenn er abends als Gast rein kam, habe ich es doch gemacht. Er wurde angepiepst, wenn ein Fass leer war. Und wenn er dann rein kam, habe ich gesagt:

„Totti, das Fass ist leer.“

Da habe ich nicht gesagt:

„Ach bitte würdest Du eben mal freundlicherweise das Fass wechseln.“

Weil ich irgendwie gedacht habe, das ist doch sein Job. Er ver­stand das als arrogante Behandlung, als Minderung seiner Person oder wie auch immer und hatte sich beim Chef beschwert. Und es hieß, wenn das nicht besser würde, müsste ich gehen. Das ganze Ding lief aber bestimmt 14 Tage hinter meinem Rücken ab, bevor mir jemand etwas sagte. Das muss man sich mal vorstellen! Und dann kam Arno in den Laden. Meyert löste ihn extra dafür ab, und Arno hatte mir zu vermitteln, das ich gehen müsste, wenn sich das nicht ändert. Der Chef persönlich hat sich das wohl nicht getraut. Arno meinte auch, ich wäre ganz schön arrogant geworden. Als er mich kennen lernte, wäre ich freundlicher gewesen. Da hätte ich noch nichts gekonnt – und jetzt, nur weil das so gut klappte, weil ich den Laden so gut im Griff hätte, hieße das ja noch lange nicht, dass ich die Beste wäre. Ich fühlte mich aber eigentlich wie die Beste, das muss ich ehrlich zugeben. Ich war schon ein bisschen big headed, die Prinzessin auf der Erbse. Es war ja auch das erste mal, dass ich etwas echt gut machte. Ich gab mir dann auch alle Mühe. Am nächsten Morgen, als Totti die Kneipe säuberte, flötete ich:

„Hallo Sebastian“, habe ihn angestrahlt und gefragt:

„Na, wie haben wir denn geschlafen? Alles in Ordnung.“

Er sagte dann gleich:

„So muss das ja nun auch wieder nicht sein.“

Ich sagte:

„Weißt Du, wenn Du Probleme hast, warum kommst Du denn nicht zu mir? Warum musst Du das denn hinten rum machen? Hät­test Du nicht morgens zu mir sagen können: Kannst Du nicht mal ein bisschen freundlicher sein? Kannst Du Dir nicht vorstellen, dass ich auch irgendwie müde bin, wenn ich hier bis nachts um 4 Uhr stehe?“

„Meinst Du, ich bin nicht auch müde? Ich hänge hier auch die ganze Nacht!“ sagte er.

„Ja zum Saufen, aber nicht zum Arbeiten.“ entgegnete ich.

Wir behielten uns dann also vor, die ganze Saison sehr freundlich miteinander umzugehen. Das lief natürlich mehr ironisch ab, was nach einer Zeit auch anfing, uns beiden Spaß zu machen. Ich wurde dann auch gelobt, wie freundlich ich doch auch sein kann. Und ich dachte:

„Ihr seid doch alle Arschlöcher!“

Erst so dieses ganze Spielchen hintenrum, dann traut sich keiner. Ich war nun mal gerade eben 18 Jahre alt. Mein Gott – da hätte er mir doch einfach mal was sagen können. Sonst klappte in Dahme al­les recht gut. Zwischen Arno und mir entwickelte sich der Sport, den Umsatz zu schlagen. Wer hat mehr? Sein Laden oder mein La­den. Da hat sich der Chef dann auch immer ein Späßchen draus ge­macht. Er hat uns dann schon mal mit lustigen Sprüchen gegenein­ander ausgespielt, um uns noch anzupeitschen. Meist war die Strandklause aber der Gewinner. Wir hielten es so, dass wer früher zu machte, noch zu dem anderen ging. Hatten wir nur noch drei Gäste, gingen wir mit ihnen ins Schiffchen, und umgekehrt kamen die anderen mit ihren Gästen zu uns. Meist war es aber so, dass wir länger auf hatten. Weil die beiden Arnos die Gäste ganz geschickt bearbeiteten, mit ihnen noch mal privat einen Saufen zu gehen. Es war ja kein Geschäftsverlust, und deshalb beteiligte sich unser Chef oft an dem Spielchen. Außerdem war es auch vom Optischen her besser, wenn in einem Laden mehr Gäste saßen, als zwei fast leere Läden zu haben. Es war alles ganz geschickt gemacht. Wir hatten drei Getränke am Tag frei und den Rest mussten wir voll bezahlen. Es war ein bisschen wenig für die Marathonstunden, die wir dort schoben, aber andererseits konnte man da drei Wasser trinken, denn Alkohol bekamen wir genug von den Gästen ausgegeben.

An eine Geschichte kann ich mich noch recht gut erinnern: Ich wollte an einem Abend mal früher als Arno nach Hause. Normaler­weise warteten wir immer, bis der andere Feierabend hatte, und gingen dann zusammen. Es war einer der wenigen Abende, an de­nen wir früher zu gemacht hatten, und Arno musste noch arbeiten. Ich musste quer durch Dahme gehen, um zu unserem Zimmer zu kommen, und in Dahme war es so, dass ab 1 Uhr alle Laternen aus­geschaltet waren. Es war alles stockdunkel. Wir hatten von unserem Chef jeder ein CS-Gasfläschchen bekommen für Notfälle im Laden, und eins für mich – ich war ja die einzige Frau, die dort arbeitete – auch für den Heimweg. Ich hatte das CS-Gasfläschchen auch immer gut im Griff, in der Jackentasche und auch die Hand auf dem Drücker, falls etwas passierte. Plötzlich hörte ich Schritte hinter mir. Ich habe dann gleich mit der anderen Hand mein Schlüsselbund erfasst und es so gehalten, dass ich einen scharfkantigen Schlüssel zwischen Zeige- und Mittelfinger hielt. Ich dachte, dann wäre ich zweimal abgesichert. Dann sprach mich ein junger Mann an:

„Oh, Du bist aber 'ne Süße. Komm mal ab ins Gebüsch!“

Völlig besoffen, auch so ein kleiner Rocker in Jeansweste. Die gan­zen Straßen waren total ausgestorben und leer. Das war so gegen 3 Uhr. Ich dachte:

„Entweder lässt Du Dich jetzt hier ins Gebüsch zerren, und alles ist Scheiße, oder der bringt Dich um oder Du bringst ihn um oder Du spielst diese Geschichte mit und gehst ziemlich glimpflich aus dieser Geschichte raus, selbst wenn Du die Beine breit machen musst.“

Ich sagte: „Wieso denn im Gebüsch? Das ist doch viel zu kalt. Der Sommer hat noch nicht mal angefangen. Was soll das denn? Du bist doch ein netter Kerl. Warum können wir uns denn nicht einfach wiedertreffen? Ich arbeite in der Strandklause. Wir können doch mal essen gehen.“

Damit hatte er nicht gerechnet, und er wusste jetzt nicht, wie er reagieren sollte. Er sagte dann:

„Das ist ja eine gute Idee. Wo wohnst Du denn.“

Ich sagte:

„Da hinten irgendwo. Ich weiß auch nicht, wie das heißt. So lange bin ich auch noch nicht hier.“

Wir waren mittlerweile so 50 m vor dem Gebäude angelangt in dem ich wohnte. Ich musste durch eine Gartenpforte, hinten um ein Haus rum und noch eine ziemlich schmale Außentreppe hoch zu unserem Mansardenzimmer. Ich fing dann an zu rennen wie eine wahnsinnige, mit meinem Schlüsselbund in der Hand.

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Und noch ein Stückchen Text

Ich ging regelmäßig im Pam Pam arbeiten und bekam ja auch noch Arbeitslosengeld. Da machte sich dann bemerkbar, dass ich bei Meyert immer nur für das Minimum angemeldet war und den Rest schwarz ausgezahlt bekam, denn dadurch bekam ich nur 700 Mark vom Amt. Im Pam Pam saß eines Abends jemand vor der Theke, der sich als Louis vorstellte, französisch ausgesprochen. Er war Koch bei Maaßen und hatte sich gerade selbstständig gemacht. Er hatte eine Kneipe gegenüber von Maaßen gemietet und hatte vor, ihnen mit einem eigenen Fischrestaurant Konkurrenz zu machen. Maaßen hatte als Handlanger oder Küchenhilfe immer Pakistaner für sich arbeiten, und von denen hatte Louis auch schon ein paar angeheuert, die in ihrer Freizeit für ihn arbeiteten. Der ganze Laden war aber noch nicht umgebaut. Es war alles noch nicht so, wie er wollte, aber es musste schon Geld reinkommen. Über dem Laden war eine Wohnung, die nur für Notfälle zum Schlafen genutzt wur­de. Louis hatte auch eine Frau. Er war verheiratet und hatte einen Sohn, welcher auch Louis hieß – auch französisch gesprochen, ver­steht sich. Die ganze Familie kam aus München. Louis klopfte an der Theke immer große Sprüche und versuchte, mich bei Angelo abzuwerben. Seine Frau war ziemlich arrogant, und deshalb konnte er sie schlecht in diese Kneipe stellen. Das war unter ihrem Niveau. Außerdem legte sie sich mit den Gästen an, und mittlerweile inter­essierte sie sich auch einen Scheiß für den Laden. Er redete massiv auf mich ein, dass er den Laden zusammen mit mir aufbauen woll­te, und es sollte mein Schaden nicht sein, denn dann sollte ich rich­tig Geld verdienen. Er konnte mir noch nicht so viel zahlen – das alte Spiel, weil der Laden im Aufbau war. Ich sollte zwischen 50 Mark und 70 Mark am Tag bekommen. Ich musste ja auch rechnen. Bei Angelo arbeitete ich 3 Tage in der Woche, bei Louis wäre ich 7 Tage die Woche beschäftigt gewesen, und das aufgerechnet war das Angebot nicht schlecht. Dann baggerte er auch noch so ein bisschen an mir mit seinem Münchener Charme und redete über seine Frau als arrogantes Miststück. Sie könnte nicht richtig arbeiten. Sie wür­de sich nur für Mode interessieren. Kaputte Ehe – und sie würde am liebsten sowieso wieder abhauen nach München. Und sie würde auch nicht daran glauben, dass er den Laden zum Laufen bringt. Ich dachte: Was kann schon passieren, wenn Du Dir das Ding mal an­siehst. Er blieb dann bis Feierabend da und schleppte mich dann mit. Wie auch immer: Ich landete mit ihm im Bett. Und das war auch gar nicht schlecht. Nicht so, dass ich kam, aber ich wusste zu der Zeit ja auch noch nichts über Orgasmen und solche Geschichten. Wir haben darüber geredet, wie das alles laufen soll. Und ich fand seine Ideen nicht schlecht. Das Problem war nur, dass er das Geld für den Umbau des Ladens noch nicht hatte. Ich sagte dann:

„O.K.. Ich versuche es mal.“

Ich bekam auch gleich den Schlüssel für die Wohnung und für den Laden. Den konnte ich gleich mitnehmen. Ich bin dann erst mal zurück in meine Wohnung gefahren und habe ausgeschlafen. Wir hatten beschlossen, dass ich meinen Job im Pam Pam nicht direkt aufgebe, sondern mir den Laden erst mal eine Woche ansehe. Ich bin direkt am nächsten Tag zu dem Laden gefahren und habe ihn mittags um 12 Uhr aufgemacht. Den Schlüssel hatte ich ja und alle Vollmachten auch. Ich sah mir erst mal in Ruhe an, wo alles steht. Mein eigenes Kellnerportemonaie mit Wechselgeld hatte ich dabei. Louis war gar nicht da, aber es war ja alles besprochen. Irgendwann im Laufe des Tages kam er dann angedackelt in Begleitung von ein paar Pakistanis. Sie gingen in die Küche und machten sich etwas zu essen. Louis wurschtelte mit hinter der Theke rum und der Laden plätscherte mehr schlecht als recht vor sich hin. Ich weiß noch, dass wir immer eine Platte laufen hatten: The girl from Ipanema. Ich konnte gar nicht genug davon bekommen. Bei der Platte zu arbeiten machte unheimlich viel Spaß. Ich ließ auch immer die Tür schön auf, so dass so ein bisschen Musik auf die Straße dringen konnte. Das Wetter wurde dann auch schöner, und es kamen die ersten Ti­sche auf die Terrasse. Ich lernte die Leute kennen, die in den Nach­barläden arbeiteten. Es gefiel mir gut, und ich glaubte daran, dass der Laden eine Chance hatte.

Ich habe dann ein paar Tage dort ge­arbeitet, und Louis tat mit mir immer sehr vertraut. Wir sind auch noch ein paar mal im Bett gelandet. Naiv, wie ich war, träumte ich mich schon als Chefin. Irgendwann ging die Türe auf, ein blonder Engel huschte rein und machte erst mal einen Aufstand, was ich denn hinter der Theke zu suchen hatte. Irgendwie wurde mir klar, dass es seine Frau sein musste. Sie war wirklich ziemlich stilvoll gekleidet. Sie machte gleich Stress und war so, wie Louis sie geschildert hatte. Er schnappte sie dann und ging mit ihr in die Küche, um sie zu beruhigen – so nach dem Motto: Wir brauchen doch eine, die hier arbeitet, und sie ist auch ganz billig. Ich habe da von 12 Uhr mittags bis nachts gestanden und alles gemacht. Wir hatten ja noch nicht so viel zu tun. Es waren Tage dabei, da hatten wir die Theke voll, aber das war eher selten. Ich habe dann auch aufgehört, mit ihm zu schlafen. Das war mir zu blöd. Seine Frau kam immer öfter. Seit meiner Anwesenheit interessierte sie sich plötzlich wieder für den Laden. Sie hat dann oben in der Wohnung den Papierkram gemacht. Und weil der Raum nicht möbliert war, hat sie sich mit der Schreibmaschine auf den Boden gesetzt. Als ich gesehen habe, wie sie auf dem Boden saß und anfing, irgendwelche Sachen zu tippen, dachte ich: Eine Frau, die sich auf den Boden setzt, um den Schriftverkehr für den Laden zu machen, kann so arrogant gar nicht sein. Außerdem dachte ich, wenn das zwischen den beiden nicht mehr laufen würde, würde sie sich wohl kaum um den Papierkram kümmern. Mir war es zu blöd, mich in eine Ehe zu mischen. Also habe ich das beendet. Aber der Laden hat mich trotzdem weiter gereizt. Am Wochenende habe ich im Pam Pam gearbeitet und war irgendwie ein bisschen spitz. Da dachte ich, ich schaue mal, ob Louis da ist. Den Schlüssel hatte ich ja. Das Schlafzimmer war im Halbdunkel. Louis war immer so ein bisschen sonnenbankgebräunt und hatte dadurch einen Südländischen Touch, und da starrte mir auch ein brauner Rücken entgegen. Ich setzte mich auf den Bettrand und habe mit den Nägeln über den Rücken gekrault, mich runter gebeugt und ihm zärtlich ins Ohr gebissen und mit der Zunge am Ohr gespielt. Plötzlich drehte er sich um und da war das einer von diesen Pakistanern, die er da immer mit sich rumschleppte.

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