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Auszug aus einem Schriftwechsel:
Leute, die das Buch bereits gekauft haben, rufen bei mir an, weil sie sich
etwas über das Cover ärgern. So wölben sich bereits bei neuen, unbenutzten Büchern, die Buchdeckel. Soweit es ging, habe ich die Technik erklärt, wie
man sie in ihre Urform zurücksetzen kann, finde aber selber, das dies nicht
Sinn und Zweck der Sache ist. Könnt ihr das irgendwie abstellen?
Kann mir vorstellen, das nicht alle anrufen, um es mir mitzuteilen, sondern
ihrem Unmut darüber an anderer Stelle Luft machen.
Bitte ärgere Dich nicht über die Ungeduld der Leute! Die Umschläge sind nicht wirklich fehlerhaft, sondern nur zu frisch. Viele Kunden, die erst Anstoß an solchen Umschlägen nahmen, sind inzwischen Stammkunden für weitere Buchserien bei uns, denn an der Serie ist nicht wirklich etwas auszusetzen - es ist immer noch beste Qualität.
Zur Unterstützung biete ich für alle Ratsuchenden hier eine Erklärung - mit Selbsthilfetipps für ganz Eilige - an.
Die Deckel wölben sich nicht bereits, sondern noch.
So sitzen die beiden Schichten Papier und Folie im Buchumschlag gerade aufeinander, wenn das Papier noch die selbe Feuchte wie die Umgebung hat. Wie bei einem Bimetallstreifen ist diese Anordung aber nur einer der möglichen Zustände.
Beim Laminieren wird die Plastfolie zwangsläufig auf 100°C erhitzt, um den Kleber zu aktivieren. das bedeutet aber auch, dass ein gekochtes Papier in dem Moment der Laminierung viel Wasser abgibt, weil die Luft bei so hoher Temperatur einfach nicht zu sättigen ist. Das Umschlag-Papier ist kurz vor dem Aufkleben der Folie in Nähe der heißen Walze natürlich auch heiß, also auch trockener als vorher und damit kürzer, weil weniger Wasser die Fasern auseinanderdrückt. Und genau dann, wenn das Papier also am heißesten und kürzesten ist, wird die Folie durch den Klebstoff fest mit dem Karton verbunden.
Das Eindringen von Wasser zwischen die Fasern sehen Sie auf meiner Drucksparseite noch ausführlicher abgebildet.Ein paar Sekunden später kommt der Umschlag aus dem Gerät heraus und kühlt langsam wieder ab. Die Laminierfolie bleibt davon unbeeindruckt, aber das Papier will sich bei Wasseraufnahme aus der Umgebungsluft wieder etwas dehnen, da nun wieder mehr Wassermoleküle die Fasern auseinanderdrücken. Das führt dann zu dem Wölbungseffekt, weil hier ja zwei verbundene Schichten mit nun verschiedener Länge sind. Die Folie zieht also die gequollene Kartonschicht krumm. Ähnlich benimmt sich ein Bimetallstreifen, der im Bügeleisen die Bügeleisen-Heizung bei Erreichen des Schaltkontaktes einschaltet.
Aber damit gibt sich der Buchbinder natürlich noch nicht zufrieden. Zum Glück ist die Folie nämlich "merkfähig" und nimmt - anders als eine Stahlfeder - ganz gut die von mir zugewiesenen Formen an. Also kann ich also diesen Effekt durch "über die Kante ziehen" - noch vor dem Buchbinden - ausgleichen. Ich lege auch nur völlig glatte Umschläge in die Bindemaschine, denn aufgewölbte Umschläge würden sich vom heranfahrenden Schlitten, in dem der Buchblock heransaust, zerknautschen oder vor sich her schieben lassen.
Nach dem "Kanteziehen" haben wir also erst einmal wieder schöne gerade Umschläge. Aber leider bleibt das nicht lange so, denn wir müssen die Umschläge ja nun an den Buchblock anbringen. Nun kommt also der heiße Klebstoff zwischen Buchumschlag und Buchblock-Rücken.
Die damit verbundene Erhitzung und gleichzeitige Umschlagpressung um den Buchblock herum dehnt nun die Folie und schrupft das Papier des Umschlages. Wenn auch der flüssige Klebstoff nun teilweise die Faserzwischenräume im Karton ausfüllt, bleibt beim Abkühlen des Klebstoffes immer noch ein wenig Platz für einige freche Wassermolekühle übrig, um unsere schönen geraden Umschläge kurz nach dem Binden wieder zu krümmen.
Dabei spreizt sich wegen der nur auf den Rücken beschränkten Erhitzungszone vor allem kurz hinter der Klebefläche am Buchrücken der Umschlag vom Buchblock ab. Bei einem liegenden Buch kann sich die obere Umschlagseite manchmal im Winkel von 45° anheben, was bei nagelneuen Büchern ja nicht sein sollte. Allerdings werden Sie kaum Bücher mit abstehenden, aber in der Fläche geraden Umschlägen finden, denn sofort nach dem Binden lege ich alle Bücher noch mit warmem Rücken übereinander auf einen hohen Stapel. Die Zeit bis zum Schneiden der Buchkanten reicht der Folie in der Regel doch schon, um sich an die neue Länge des Umschlages zu gewöhnen.
Aber der gesamte Umschlag entzieht der Luft weiter Feuchtigkeit, wölbt sich also in der ganzen Fläche in wenigen Minuten wieder sichtbar auf. Da hilft wieder "Kanteziehen", um die Folie auf Papierlänge zu dehnen. Am besten überdehnt man die Folie sogar noch etwas über den geraden Zustand des Umschlages hinaus, denn man muß ja mit weiterer Wassereinlagerung rechnen. Wieviel Überdehnung nun für dieses Buch, die demnächst zu erwartende Luftfeuchtigkeit und die dann vorherrschende Raumtemperatur einzustellen ist, kann ich nur grob schätzen. Ich kann ja auch nur ungefähr etwas mehr oder weniger am Umschlag ziehen, denn es ist mir keine amtliche Tabelle mit Zugkräften in Abhängigkeit von relativen Luftfeuchten zur Erzielung garantiert ebener laminierter Kartonbögen bekannt. Das wäre ja vielleicht einmal etwas für die nach Ideen suchenden Grundlagenforscher. Manchmal stimmts also perfekt, bei manchem Umschlag hätte es ruhig etwas mehr oder weniger sein dürfen - je nach den zukünftigen Bedingungen um das Buch herum.
Je feuchter die umgebende Luft bzw. Wohnung der Leute ist, um so mehr Wasser wird das gerade zweimal heiß getrocknete Umschlagpapier nach dem Verkauf der Bücher wieder an sich reißen und zwischen den Fasern einlagern und sich damit also auch einige Zeit nach dem Binden noch ein wenig nachbiegen. Bei langsamerer Wasseraufnahme und erzwungener vorbildlicher gerader Haltung hat die Folie wieder eine Chance, mit dem Umschlag mitzuwachsen. Ein lose herumliegendes Buch in sehr feuchter Umgebung benimmt sich dagegen nicht so gut.
In ganz trockener Umgebung wölbt sich ein laminierter Umschlag vielleicht sogar anders herum ein (anliegende Umschlagseitenkante, aber abstehende Mitte der Umschlagseiten des Buches), aber das wird in der Regel nicht als so störend empfunden wie die bisher vorgestellte Wölbung. Außerdem helfen ja schon ein paar aufgestellte Zimmerpflanzen dem Karton schnell wieder auf die ideale Länge.
Wir haben von fast allen bisher hergestellten Büchern noch Muster bei uns im Regal, und alle Muster sind inzwischen fast perfekt eben - trotz Vorführung der Bindequalität beim Kunden mit Aufschlagen, Blättern usw.
Daher glaube ich auch fest an meine Theorie.
Statt heftigem einmaligen Kantenziehen hilft uns aber auch einfach die Zeit und etwas Druck, die Umschläge wieder geradezubekommen. In der Enge des Bücherregals der Kunden, im liegenden Stapel im Buchlager bei Autor, Verlag oder im Handel bekommt die Folie zwar weniger Überdehnung als beim Kantenziehen, aber dafür gewöhnt sie sich allmählich an die neue gerade Form, dehnt sich also langsam genau die bis auf Länge des Umschlagkartons aus. Da das aber genausogut im Bücherregal der Kunden stattfinden könnte, halte ich es für übertrieben, alle hergestellten Bücher erst einmal bei uns einzulagern, um sehr viel später das Geld damit zu verdienen - zumal dieses Wechselspiel von Wassergehalt und Kartonlänge ja kein bleibender Schaden, sondern eine normale Eigenschaft laminierter Umschläge ist. Wie so oft handelt es sich hier nur um ein Problem, das sich irgendwann selbst löst. Ich finde, damit sollte man also leben können. Für ganz Eilige beschreiben wir am Ende dieser Seite noch die Hau-Ruck-Methode zur Umschlagglättung.
Sobald wir die verkauften Stückzahlen übrigens ausreichend steigern konnten, wird der Buchumschlag übrigens mit herkömmlichem Offsetdruck hergestellt und - auch aus Kostengründen - lackiert statt laminiert. Dann ist die Lackschicht viel dünner als die Folie und kann bei Wasseraufnahme des Kartons längst nicht solchen starken Zug auf das Papier ausüben.
Ich würde den Leuten einfach erklären, dass es ja erst einmal die kleine Erstserie ist, um den Verkauf anzukurbeln, und dass niemand sich für solche kleine Serie den Offsetdruck der Umschläge leisten kann. Die Laminierung ist also gar nicht zu umgehen. Aber es gibt im Handel genug genauso hergestellte Bücher, vor allem bei (teuren) speziellen Fachbüchern für ein ausgewähltes Publikum. Nur sind die Leute eben im Buchhandel entweder lange vorgelagerte Bücher gewöhnt (wann erwischt man denn schon mal ein frisch geliefertes Buch?) bzw. in Großserie anders hergestellte Bücher. Da man aber nicht Äpfel mit Birnen vergleichen soll, kann man auch nicht die bei uns in Kleinserien hergestellten Bücher als minderwertig bezeichnen.
Ein gelesenes Buch sieht nach einiger Zeit auch nicht mehr neu aus (egal, wie es hergestellt ist) und da macht neben all den Knicken, Eselsohren, abgeschubberten Buchkanten usw. eine langsam sogar nachlassende Umschlagwölbung wohl noch das geringste Übel aus. Herausfallende Seiten (die gar nicht so unüblich in der Branche sind) wären meiner Meinung nach ein viel schlimmeres Merkmal, aber davor sind wir wohl ziemlich sicher mit unserer tollen Klebebindung.
Ich hoffe, ich konnte Dich wieder aufrichten!?
Man nehme:
und bringe die Kante zwischen Umschlag und Buchblock vor die erste bzw. letzte Seite hinein bis in Nähe des Buchrückens. Bei einem Lineal empfielt sich das Hinlegen des Buches auf einen Tisch, das Einbringen des Lineals vor der unteren Umschlagseite, das leichte Anheben des Buchrückens mit einer Hand sowie das Festhalten des Lineales (mit Druck nach unten) durch die andere Hand - und nun ziehe man das Buch am Rücken leicht schräg nach oben von der anderen hand weg, bis das Lineal aus dem Buch herauskommt. Ist der Umschlag noch nicht gerade, wiederhole man die Prozedur mit etwas mehr Druck, steilerem Winkel oder geringerem Tempo. Benutzt man eine feststehende Kante (Schrank, Tisch) zum Drüberziehen, sollte man die obere Buchumschlagseite mit beiden Händen an Rücken und gegenüberliegender Kante fassen und mit der zur Kante zeigenden Krümmungsmitte auf die Kante pressen. Jetzt etwas hin und herziehen, bis der gewünschte Begradigungseffekt erkennbar ist.
Bei zuviel Eifer muß eventuell auch noch etwas in der Gegenrichtung gebügelt werden!
Das war schon der ganze Zauber. Ändert sich die Luftfeuchte stark, kann man also jederzeit etwas nachbügeln. Aber erfahrungsgemäß lässt die Wölbeneigung nach, sobald der Umschlag wieder seinen üblichen Wassergehalt aufgenommen hat und einmal die Folie auf die nötige Länge kam.
Ein tropfnasses Buch wird allerdings auch noch einige andere Schönheitsfehler bekommen. Achten Sie daher lieber auf übliche zur Papierlagerung geeignete Umgebungen!
Wer seine Erfahrungen mit gekrümmten Umschlägen, Verbesserungsvorschläge oder Gegentheorien bekanntgeben möchte, der schreibe bitte seine Darstellung auf. Wir bringen sie dann hier ins Netz.
www.psverlag.de 31.01.2008