Normalerweise beschließen die Abgeordneten einer Ebene (Gemeinde, Kreis, Land, Bund) über alle dieser Ebene zugeordneten Fragen. Eingeschränkt wird diese Souveränität lediglich durch Anstand und geltendes Recht, verfügbare Haushaltsmittel sowie die Kommunalaufsicht bzw. den zuständigen Rechnungshof von Land und Bund.
Nun gibt es Aufgaben, die durch mehrere Partner gemeinsam leichter oder effizienter lösbar scheinen bzw. sind. So könnten sich also mehrere Gemeinden, Ämter oder Länder - ja sogar Staaten - an Großprojekten (in der Regel sind das immer wieder mehr oder weniger sinnvolle und zuendegedachte Bauvorhaben) beteiligen, um danach gemeinsam Nutzen daraus zu ziehen. Oder auch nur den Schaden daraus anteilig zu tragen. Beispiele für nicht so geglückte teure Bauprojekte waren: der schiefe Turm von Pisa, der Schürmannbau in Bonn, der Karakum-Kanal, das europäische Schwarzerde-Experiment sowie die Eberswalder Kläranlage.
Nun könnten die per Interesse verbundenen Parlamente ja auch per Vertrag eine Zusammenarbeit regeln, auf die sie in Zukunft noch Einfluß hätten - zum Beispiel durch ständige parlamentarische Abstimmungen über weitere Investitionen, Nutzungsänderungen oder Neuaufteilung der Nutzungsanteile. Dies würde für die Verwaltung oder andere Betreiber der Projekte einen relativ hohen Abstimmungsaufwand mit den gewählten Volksvertretern bedeuten. Da solche demokratischen Rührseligkeiten von der lieben Verwaltung aber nun einmal eher als störend empfunden werden, liegt es auf der Hand, dass findige Bürokraten längst eine "bessere" Lösung favorisieren: den Zweckverband.
Ein Zweckverband sollte aus freier Entscheidung der an einem Großprojekt interessierten Mehrheiten mehrerer Parlamente gleicher Ebene heraus gegründet werden, um in einer Satzung dann ein für allemal Stimmrechte von aus den Parlamenten zu entsendenden Interessenvertretern festzulegen sowie die grobe Linie des Projektes festzulegen. Das Dumme für die Parlamente ist dabei allerdings der Tausch von Selbstbestimmung gegen Mitbestimmung. So können die beteiligten Parlamente nur ein einziges Mal den ZWA gründen und danach die Lösung des dorthin delegierten Problems nur noch über den in den ZWA delegierten Vertreter geringfügig beeinflussen. Im Fall des Eberswalder ZWAs stehen allen beteiligten Umlandgemeinden nur 50% der Stimmen in der Verbandsversammlung zu. Es reicht der großen Stadt (der Verwaltung!) also schon, nur einem einzigen Vertreter eines Kleckernestes mehr oder weniger ehrenhafte Vorteile anzubieten, um nach Lust und Laune - jedenfalls unbehelligt vom blöden Volke - schalten und walten zu können. Das Sagen hat also die Stadt Eberswalde. Und von da kam ja auch diese tolle Idee! Natürlich ist der Herr Engel, einer der Drahtzieher der ZWA-Gründung, inzwischen über andere Ungereimtheiten in der eigenen Zuständigkeit gestolpert und hat seinen Hut nehmen müssen. Direkt belangt wegen des Rettungsdienst-Auftragsvergabe-Skandals ist er wohl aber bisher nicht worden. Wahrscheinlich wusste er zuviel...
Inzwischen wissen wir auch, dass Zweckverbände anscheinend auch in konspirativen Treffen der lokalen Mafia entstehen können. Derartige Zweckverbände zeichnen sich durch astronomische Verschuldung, nicht auffindbare Gründungsdokumente und nicht genau feststellbare Gründungspersonen aus. Mitunter ist sogar Ort und Datum einer solchen Gründung unklar. Im Fall des Eberswalder ZWAs streiten sich sogar die beteiligten Gemeinden Finowfurt und Eberswalde, ob nun nur 10 Millionen DM oder 90 Millionen DM für den Abwasseranschluß der Gemeinde Finowfurt investiert wurden und also im Falle eines (sehr sehr komplizierten) Verbandsaustrittes eines der beiden Partner irgendwie angerechnet werden müssten. Wir können davon ausgehen, dass solche kleinen Ungenauigkeiten auch in anderen Finanzdaten der ZWA-Geschäfte zu finden sein müssten - wie ja auch der verlorene Prozess des ZWAs in Sachen Anschlussbeiträge merkwürdige Zahlenfantasien bestätigte.
Sind die Parlamentarier - vor allem im Ehrenamt - schon mit der Planung von Großprojekten so überfordert, dass sie einer ZWA-Gründung zustimmen, dann sind sie bei der Einschätzung der Folgen einer ZWA-Gründung für die Zukunft mit Sicherheit erst recht überfordert. Auf die mal von den kleinen Kleckernestern ringsum, mal von der Stadt Eberswalde ausgestoßenen Austrittsdrohung dürfen wir es entspannt ruhig ankommen lassen, da die vielen Ungereimtheiten von Gründung und Betrieb des ZWAs eine saubere Trennung mehr als unwahrscheinlich scheinen lassen.
Eigentlich gibt es nur eine einzige funktionierende Lösung für fehlkonstruierte ZWAs - den Konkurs. Um die Vorteile aufzuzeigen, will ich einmal mit den Gegenargumenten beginnen:
Geht ein öffentlich - rechtliches Gebilde (das ein ZWA ja sein sollte!) durch Misswirtschaft und mangelnde Zukunftsaussichten in den Konkurs, tragen alle beteiligten Parlamente den Schuldenberg anteilig in ihre Haushalte zurück. Das trifft dann alle Bürger der angeschlossenen Region empfindlich. Es bleibt eine Investruine mitsamt der Zinsbelastung der Baukosten stehen. Und es werden erneut Aufwendungen für eine bessere Lösung fällig. Zu teuer! Können wir uns nicht leisten!
Die oft schon in der Planung fußende Misswirtschaft erfolgte möglicherweise nicht zufällig, sondern gewollt. Soweit ich weiss, ist das Verfahren gegen den angezeigten Eberswalder Bürgermeister noch nicht abgeschlossen.
Natürlich ist es schade um jede Mark an Fehlinvestitionen - aber wenn der laufende Betrieb immer größere Löcher in die Kassen haut und die Leitung des Projektes offenbar an Kostensenkungen schon in der Planungsphase wenig Interesse zeigte und auch heute noch vermissen lässt, dann kommt den Bürger ein Ende mit Schrecken langfristig billiger als ein Schrecken ohne Ende. Rohrleitungen sind wartungsaufwändig und bei langen Strecken deutlich teurer als dezentrale Anlagen. Diese Anlagen würde aber sogar der Bürger oft privat anschaffen! Und dennoch einen Vorteil davon haben, denn er zahlt sich ja keine ortsüblichen Gebühren für seine Wasseraufbereitung, sondern trägt nur noch die recht bescheidenen Kosten der jährlichen Anlagenüberwachung. Und die Zinsen eines überschaubaren kleinen Kredites etwa in Höhe fälliger Anschlußbeiträge.
Dann ist die Kläranlage vielleicht nicht mal zur Hälfte ausgelastet. Dann fällt endlich einmal auf, dass hier jemand zu großzügig den Bedarf eingeschätzt hat und eventuell für Führungsaufgaben ungeeignet war. Dann verlieren einige bislang gutverdienende Berater vielleicht (nein, hoffentlich!) ihren Hauptauftraggeber, was ein paar Leute gar arbeitslos werden ließe. Aber durch die vielen Kleinklärwerke entstehen dann bei weitem mehr neue Arbeitsplätze - auf der richtigen Seite! Zum Wohle des Bürgers und zur Entlastung der Kommunalfinanzen! Ich wüsste nicht, was dagegen spräche! Lassen Sie es uns doch endlich versuchen! Kämpfen Sie gegen den mafiösen Anschlusszwang, schaffen Sie Wasserkreisläufe im eigenen Haushalt, kaufen Sie keine unnötigen Abwasserbeseitigungsleistungen mehr ein, werden Sie Mitglied im BKB e.V.!